Gießübel: Schmerzhafte, aber notwendige Neuausrichtung der Familienleistungen

 



Die Schweinfurter CSU-Landtagsabgeordnete Martina Gießübel bezeichnet die Umstellung der bayerischen Familienleistungen auf ein starkes Betreuungsbudget als „keine einfache und sicher keine populäre Entscheidung“, sieht sie aber als notwendig an, um den Betrieb der Kindertageseinrichtungen dauerhaft zu sichern.



„Ich weiß, dass viele Familien enttäuscht oder verunsichert sind. Mir wäre eine Lösung ohne Einschnitte bei bewährten Leistungen wie Familiengeld oder Krippengeld auch lieber gewesen“, betont Gießübel. „Aber die Realität in den Kitas ist so, dass steigende Kosten und Personalmangel den Weiterbetrieb mancher Einrichtungen ernsthaft gefährden. Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, verlieren Familien Betreuungsplätze – und das wäre am Ende der größere Schmerz.“

Die Staatsregierung hat beschlossen, die bisherigen Geldleistungen – darunter Familienstart- und Familiengeld, Krippengeld und das geplante Kinderstartgeld – schrittweise in die Finanzierung von Betreuungsangeboten umzuschichten. Bis 2030 fließen rund drei Milliarden Euro zusätzlich direkt in die rund 10.800 bayerischen Kitas und zu etwa 2.000 Trägern. Das Geld soll vor allem die Betriebs- und Personalkosten und damit die Qualität wohnortnaher Betreuungsplätze absichern.

„Einmalzahlungen an die Familien können kurzfristig helfen, sie schaffen aber keine neuen Plätze, stabilisieren keine Einrichtung und verlängern keine Öffnungszeiten“, erklärt Gießübel. „Strukturfinanzierung ist schmerzhaft, weil man liebgewonnene Leistungen anfasst – aber sie ist wirksamer, um Kitas offen zu halten und Familien verlässliche Betreuung zu sichern.“

Besonders wichtig ist der Abgeordneten der Bildungs- und Integrationsauftrag der Kitas: „Frühe Bildung, Sprachförderung und soziale Teilhabe finden im Alltag der Einrichtungen statt. Wenn Kinder diese Angebote nicht erreichen, helfen auch hohe Einzelleistungen wenig.“ Zugleich verweist sie darauf, dass zentrale Bundesleistungen wie Kindergeld, Elterngeld, Kinderzuschlag oder Wohngeld unverändert bestehen bleiben.

Gießübel kündigt an, den Prozess kritisch zu begleiten: „Ich werde sehr genau darauf achten, dass die zusätzlichen Mittel tatsächlich in den Kitas ankommen, Elternbeiträge stabil bleiben können und die Qualität gesichert wird. Die Entscheidung ist schmerzhaft – aber sie wurde getroffen, um Kitas und damit Familien langfristig zu schützen, nicht um ihnen etwas wegzunehmen.“

Eine ausführliche Stellungnahme der Abgeordneten finden Sie nachstehend.

Stellungnahme der Landtagsabgeordneten Martina Gießübel zu den Änderungen bei den Familienleistungen: 

„Es ist mir bewusst, dass die jüngsten Änderungen bei den bayerischen Familienleistungen viele Fragen aufwerfen und bei manchen Familien auch Sorgen auslösen. Gerade Familien mit kleinen Kindern tragen eine große Verantwortung – finanziell wie organisatorisch. Als CSU-Abgeordnete und Teil der Regierungsfraktion ist es mir ein zentrales Anliegen, Sie dabei bestmöglich zu unterstützen und transparent zu erklären, warum wir diesen Weg gehen.

Die Staatsregierung hat beschlossen, die bisherigen Geldleistungen – darunter Familienstart- und Familiengeld, das Krippengeld sowie das geplante Kinderstartgeld – schrittweise in die Finanzierung von Betreuungsangeboten umzuschichten. Aus zahlreichen Gesprächen mit Kommunen und Trägern weiß ich, dass der wirtschaftliche Druck auf viele Einrichtungen in den vergangenen Jahren so stark gestiegen ist, dass der Weiterbetrieb mancherorts ernsthaft gefährdet war. Genau hier setzen wir an: Statt Direktzahlungen an die Familien, die nur kurzfristig wirken, stärken wir dauerhaft die Strukturen vor Ort.

In den vergangenen Jahren hat sich sehr deutlich gezeigt, dass die größte Herausforderung für junge Familien in Bayern nicht in erster Linie die Frage einer zusätzlichen Einmalzahlung ist, sondern die Verfügbarkeit und Qualität von Betreuungsplätzen. Immer häufiger berichten mir Eltern, dass sie keinen Kita-Platz finden, auf Wartelisten stehen oder bei steigenden Beiträgen an ihre Grenzen stoßen. Ein einmaliger Zuschuss mag punktuell helfen – aber er schafft keine neuen Plätze, stabilisiert keine Einrichtung und verlängert keine Öffnungszeiten. Das war schon immer meine Auffassung.

Mit der Entscheidung, die bisherigen Mittel umzuwidmen, fließen bis 2030 rund drei Milliarden Euro zusätzlich direkt in die Kitas – in den laufenden Betrieb und damit in die Qualität wohnortnaher Betreuungsplätze. Insgesamt werden damit in rund 10.800 bayerischen Kitas und für etwa 2.000 Träger Strukturen gestärkt, die Familien tagtäglich entlasten. Es handelt sich ausdrücklich nicht um eine Kürzung der Familienförderung, sondern um eine Neuausrichtung hin zu langfristiger Sicherheit: Wir investieren dort, wo Familien die Unterstützung tatsächlich jeden Tag spüren – bei der verlässlichen Betreuung und Bildung ihrer Kinder.

Statt vieler kleiner Zahlungen wollen wir dauerhaft Strukturen schaffen, die allen Familien zugutekommen – unabhängig vom Einkommen oder Wohnort. Ein Kita-Platz bedeutet für Eltern gelebte Entlastung im Alltag: zeitlich, organisatorisch und finanziell. Jede Investition in die Betreuung hilft damit allen Familien, nicht nur einzelnen Jahrgängen.

Unsere Auswertungen zeigen klar: Fehlendes Personal und stark steigende Betriebskosten sind die Hauptgründe für Engpässe im System. Strukturfinanzierung – also die gezielte Förderung von Personal- und  Betriebskosten – ist daher wirksamer als pauschale Geldleistungen an einzelne Haushalte.

Ein weiterer Punkt ist mir besonders wichtig: Kitas sind der beste Ort für frühe Bildung, Sprachförderung, soziale Teilhabe und gelingende Integration. Wenn finanzielle Leistungen nicht dazu führen, dass Kinder diese Angebote nutzen, verfehlen sie ihr Ziel. Mit der neuen Ausrichtung erhöhen wir die Teilnahme an frühkindlicher Bildung, verbessern Deutschkenntnisse vor dem Schuleintritt und stärken die Chancengerechtigkeit für alle Kinder – unabhängig vom Elternhaus.

Trotz der Umstellung bleibt die finanzielle Absicherung von Familien in Bayern umfassend bestehen. Auf Bundesebene gibt es weiterhin Kindergeld (derzeit 255 Euro monatlich pro Kind, ab 2026 259 Euro), das Elterngeld mit bis zu 1.800 Euro monatlich, Mutterschaftsgeld beziehungsweise Mutterschaftslohn rund um die Geburt, den Kinderzuschlag von bis zu 297 Euro monatlich für einkommensschwächere Familien sowie Leistungen wie Unterhaltsvorschuss, Wohngeld und das Bildungs- und Teilhabepaket.

Für Familien bedeutet die Reform: Es geht kein Geld „verloren“, sondern wird konsequent für sie eingesetzt – über die Kitas. Investitionen in Personal und Betrieb sichern Öffnungszeiten, verhindern Schließungen, schaffen zusätzliche Plätze und machen den Familienalltag planbarer. Eltern erhalten verlässliche Betreuungsangebote, Kinder profitieren von besserer pädagogischer Qualität, Kommunen und Träger gewinnen Planungssicherheit und die Fachkräfte in den Einrichtungen bessere Arbeitsbedingungen. Durch die höhere staatliche Förderung werden die Träger bessere Möglichkeiten haben, die Elternbeiträge stabil zu halten. Das ist kein Rückschritt, sondern ein Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit. Familienfreundlichkeit bedeutet aus meiner Sicht nicht nur, Geld auszuzahlen, sondern die Lebensrealität der Familien spürbar zu verbessern.

Mir ist bewusst, dass Veränderungen Vertrauen erfordern. Deshalb ist mir Transparenz besonders wichtig: Wir werden offen darlegen, wie die Mittel im Kita-System eingesetzt werden, darauf achten, dass Elternbeiträge nicht steigen, und sicherstellen, dass die Qualität der Kinderbetreuung im Mittelpunkt steht. Jede einzelne Entscheidung wurde mit Blick auf die Zukunft unserer Kinder getroffen.

Unser Ziel bleibt klar: Bayern soll das familienfreundlichste Land Deutschlands bleiben. Mit der Umstellung auf ein starkes Betreuungsbudget schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass Familien ihren Alltag besser planen können.

In Zeiten geringer werdender finanzieller Spielräume ist die Politik gefordert, insbesondere freiwillige staatliche Leistungen auf den Prüfstand zu stellen.  Da kommt es dann zum Teil auch zu unpopulären Entscheidungen, die aber notwendig sind.“

Foto: Wullhorst

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