In der Weihnachtsbäckerei - Jahresschlusssitzung des Stadtrates im Mozartareal


WÜRZBURG -  Im voll besetzten Aulasaal im 1. Stock des Mozartareals fand am Mittwochabend die Jahresschlusssitzung des Würzburger Stadtrates statt. Gut 170 Gäste und Stadtratsmitglieder hatten sich dazu eingefunden.

Nach einer musikalischen Darbietung des Quartetts Quadro Comodo (Sonata á tre F-Dur, 1. Satz Adagio von Alessandro Scarlatti) hielt Oberbürgermeister Christian Schuchardt seine Rede „Gedanken zum Jahresende“. Zu Beginn hieß er die „immer noch neue Präsidentin der Regierung von Unterfranken, Dr. Susanne Weizendörfer, herzlich willkommen und freute sich über ihren guten Start am Peterplatz.

Schuchardt richtete seinen Blick auf unseren Föderalismus und beleuchtete sowohl die vertikalen Beziehungen zwischen den beteiligten politischen Ebenen - EU, Bund, Länder und Kommunen – als auch die horizontalen Verflechtungen, den Wettbewerb zwischen einzelnen Gebietskörperschaften. Bildliche Vergleiche aus der Weihnachtsbäckerei zogen sich durch seine Ansprache.

 

Der Oberbürgermeister wies auf die bundesweit „rund 60 Mrd. EUR hin, die Kommunen für die Verkehrsinfrastruktur benötigen, auf die Unterbringung von 3,17 Mio. Schutzsuchenden, ohne dass die Integration bestmöglich finanziert ist oder auf die 17,3 Mrd. EUR Finanzierungsdefizit, die Kommunen im ersten Halbjahr bereits erwirtschaften mussten – Belastungen, die es auch der nicht-armen Stadt Würzburg schwer machen, einen ausgeglichenen Haushalt zu verabschieden.“ Negative Beispiele des vertikalen Föderalismus seien die Wohngeldreform, oder die völlig unzureichend finanzierte Wärmewende.

Schuchardt ging auch auf seinen Rollenwechsel im neuen Jahr ein: zum 1. Juli 2025 wird er neuer Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags. Er blicke zum Teil wehmütig auf fast zwei Jahrzehnte Tätigkeit in Würzburg zurück, zeigte sich aber optimistisch, da das Würzburger Haus im Quervergleich zu den meisten anderen größeren Städten besser bestellt sei. „Ich garantiere Ihnen: Ich werde mich weiterhin für kommunale Belange – damit auch für die unserer Heimatstadt Würzburg – einsetzen, künftig womöglich sogar mehr denn je.“

 

Als anstehende große Bau- und Investitionsvorhaben Würzburgs nannte der Oberbürgermeister die Modernisierung von Schulen, das Instandsetzen von Brücken und Straßen, die Digitalisierung der Verwaltung, die Wärme- und Klimawende, die Straßenbahnlinie 6, den Erwerb des Faulenberg-Areals und die Multifunktionsarena.

 

Die Bedeutung Würzburgs als Pflege- und Gesundheitsstandort hob Schuchardt besonders hervor. „Das Uniklinikum ist der größte Arbeitgeber der Stadt. Es wird dort in den kommenden Jahren weiter kräftig investiert. Wir können hier eine Maximalversorgung bieten.“ Demgegenüber könne der Hilferuf des Klinikums Würzburg Mitte die Kommunalpolitik nicht kalt lassen. Den Bogen von oben nach unten sehe er aber längst überspannt und daher „gerade bei der künftigen, auskömmlichen Finanzierung für Bau, Unterhalt und Betrieb der Krankenhäuser den Bund sowie die Länder in der Pflicht.“

 

Im Hinblick auf die horizontalen föderalistischen Verflechtungen lobte Schuchardt zunächst ausdrücklich den Freistaat Bayern, der die Fördersummen, die er vom Bund und anderen Stellen erhält, weitgehend direkt an seine Kommunen weitergebe. „Das ist eine Ausnahme unter den Bundesländern. Es ermöglicht uns wichtige Investitionen in die Infrastruktur, in den Klimaschutz, in Bildung, in die medizinische Versorgung und in soziale Einrichtungen“, so Schuchardt.

 

Den speziellen Weg, den Würzburg seit 2020 mit der Gründung des interkommunalen Ausschusses stadt.land.wue. geht, um Interessen von Stadt und Landkreis besser zu koordinieren – auch politisch, hob Schuchardt hervor: „Hier arbeiten Stadt- und Kreisräte gemeinsam mit dem Landrat und dem Oberbürgermeister vertrauensvoll und kooperativ zusammen.“

 

Sehr froh und auch stolz ist der Oberbürgermeister, „dass wir in kurzer Zeit mit Lviv und Lutzk eine neue ukrainische Partner und eine Freundschaftsstadt bekommen haben und diese gemeinsam mit unseren Mitstreitern, vor allem der Stiftung Unbroken und der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe, nach Kräften unterstützen, vor allem im sozialen und medizinischen Bereich.“ Hier konnten mittlerweile über 7 Millionen Euro in humanitäre Handlungsfelder investiert werden – ohne Belastung des Haushalts, sondern mit Spendenmitteln.

 

Nicht zuletzt lobte Schuchardt die unzähligen ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger, die das Leben in unserer Stadt aktiv mitgestalten und zum Gelingen des großen Ganzen beitragen: „Dieses Engagement ist von unschätzbarem Wert für unsere Stadtgesellschaft. Es stärkt den Zusammenhalt und macht Würzburg zu einem lebenswerten Ort.“

 

Nach einem musikalischen Einschub von Quadro Comodo (Sonata á tre F-Dur; Allegro und Minuet von Alessandro Scarlatti) wandte sich die Präsidentin der Regierung von Unterfranken, Dr. Susanne Weizendörfer, mit ihrer Ansprache an die Gäste.

 

Mit einigen persönlichen Worten beschrieb die sich seit November im Amt befindliche Präsidentin ihren Werdegang, der sie von München für die vergangenen sechs Jahre nach Berlin führte. Schnell habe sie sich in Unterfranken als historische und kulturell äußerst vielfältige Region und der „Bezirkshauptstadt“ Würzburg heimisch gefühlt und freue sich auf die Zusammenarbeit, „damit es uns auch im neuen Jahr gelingen wird, die Zukunftsfähigkeit der Stadt und der gesamten Region voranzutreiben.“

 

Den multiplen Krisen – Klima- und Energiekrise, bewaffnete Konflikte, Migration und wachsender Populismus – die zunehmend komplex sind, sich überlagern und gegenseitig verstärken, setzte Weizendörfer ein zuversichtliches „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir in einem nach wie vor leistungsstarken und wohlhabenden Land leben. Einem Land, das zur Problemlösung im Stande ist“ entgegen.

Im nationalen und internationalen Politikbetrieb würden gerade „auf der kommunal-regionalen Ebene die großen Linien der Politik in für die Menschen konkret erfahrbare Entscheidungen gegossen. Nur wer hier sozial ausgewogen, klug und mit tragfähigen Konzepte agiert, wird seinen Bürgerinnen und Bürgern Ängste nehmen können. Dies ist auch deshalb wichtig, damit populistische Angebote ins Leere laufen und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt bestehen bleiben“, so Weizendörfer.

Die Kostenentwicklung des zukünftigen Staatstheaters Mainfranken Theater bereite ihr etwas Sorge, „werden die Kosten den Haushalt der Stadt Würzburg doch über Jahre hinweg fordern, um nicht zu sagen strapazieren.“ Das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Projekten werde noch genauer als bisher auf dem Prüfstand stehen müssen. Nicht alles, was man sich wünsche, werde man sich leisten können.

Auch Weizendörfer lobte das große soziale Engagement der Bürgerschaft Würzburgs, welches durch die Verleihung des Bürgersozialpreises erst kürzlich wieder gewürdigt wurde.

Dass Würzburg in Unterfranken als kreisfreie Stadt einen großen Beitrag bei der Unterbringung Geflüchteter – ungeachtet eines stark angespannten Wohnungsmarktes, leistet, hob die Präsidentin hervor. „Dasselbe gilt für die Integration, die sich bei einem dauerhaften Aufenthalt anschließen muss. Insbesondere die Einrichtungen der Kinderbetreuung und die Schulen sind hierdurch stark belastet und stoßen angesichts des anhaltenden Zustroms an ihre Grenzen. Für Ihren gleichwohl unermüdlichen Einsatz zum Wohle geflüchteter Menschen gilt daher mein ausdrücklicher Dank.“

Bedeutsames habe Würzburg in den letzten Jahren im Bereich Umwelt- und Klimaschutz erreicht. Exemplarisch nannte sie die Erweiterung des Naturschutzgebiets „Bromberg-Rosengarten-Katzenberg“, dessen Fläche sich mit aktuell über 70 Hektar nahezu verdoppelt hat. Es ist nun das größte Naturschutzgebiet der Stadt.

Auch als dynamisch wachsende High-Tech-Region und renommierten Wissenschafts- und Forschungsstandort nimmt Weizendörfer Würzburg wahr und erwähnt in diesem Zusammenhang die Ansiedlung des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung auf dem Medizin-Campus 2017 und die geplante Norderweiterung des Universitätsklinikums als weiteren Meilenstein für den Gesundheitsstandort Würzburg. Auch über die Entscheidung, dass Würzburg zum zweiten Standort für die sogenannte Telenotarztzentrale in Bayern werden soll und damit im Zuständigkeitsbereich Nord für zehn Rettungsdienstbereiche verantwortlich ist, freute sich die Regierungspräsidentin: „Die Versorgung der Patientinnen und Patienten wird dadurch weiter verbessert und Würzburgs Rolle als regionales Gesundheitszentrum zusätzlich gefestigt.“

Im Anschluss an die musikalische Darbietung des Quartetts Quadro Comodo (Pastorale von Johann Christoph Petz) lud Oberbürgermeister Christian Schuchardt zum Stehempfang ins Foyer des Mozartareals.


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BU: Oberbürgermeister Christian Schuchardt trägt seine „Gedanken zum Jahresende“ im Aulasaal vor.




 

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BU: Regierungspräsidentin Dr. Susanne Weizendörfer bei ihrer Ansprache anlässlich der Jahresschlusssitzung des Stadtrates.

Fotos: Petra Steinbach

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