„Lasst sie brennen!“
WÜRZBURG - Bedeutsame Erfindungen, Entdeckungen und Ereignisse waren mit der Frühen Neuzeit zwischen 1450 und 1650 verbunden: die Entdeckung Amerikas, die Erfindung des Buchdrucks, der Beginn der Reformation. Diese Zeit, die von der Erweiterung der bekannten Welt und des Umbruchs geprägt war, war aber auch die Zeit, in der Tausende von Menschen als Hexer und Hexen verfolgt und hingerichtet wurden unter den Rufen der Bevölkerung: „Lasst sie brennen!“
Würzburg möchte den Opfern der Hexenverfolgung in ihrer Stadt ein Denkmal errichten. Der Stadtrat hat in der September-Sitzung beschlossen, dieses, gemäß der Empfehlung des Kulturreferates und vorbehaltlich der Finanzierung im Haushalt 2023, am Standort Schottenanger zu schaffen.
Die Stadtverwaltung hatte mehrere Orte für das Erinnern als geeignet heraus gesucht, die Prozess- und Hinrichtungsstätten waren, wie das Brückengericht an der Alten Mainbrücke auf der linken Flussseite, das „Hexengefängnis“, das 1618 im alten Landgericht zwischen Dom und Kürschnerhof eingerichtet wurde, das Areal Hexenturm am Geschwister-Scholl-Platz, die Hinrichtungsstätten auf dem Galgenberg, am Sanderrasen und am Schottenanger. Geprüft wurden auch Orte ohne historischen Bezug aber mit möglicher örtlicher Eignung. Der Hexenturm ist kein authentischer Ort mehr und der Standort erinnert durch seine Namensgebung explizit an Hans und Sophie Scholl, Mitglieder der Studentenbewegung „Weiße Rose“ und damit im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Somit schied dieser Platz aus. Die Empfehlung, der die Stadträtinnen und Stadträte folgten, priorisiert den Platz am Schottenanger, an dem beispielsweise der Pfeiffer von Niklashausen hingerichtet wurde. Der Platz soll neugestaltet werden und eine neue Aufenthaltsqualität erhalten durch Bäume und den Wegfall einiger Parkplätze. Der Beschluss sieht nun vor, dass der Erinnerungsort auf einem Teil der Fläche errichtet werden soll. Ein Künstlerwettbewerb soll dafür gestartet und die Realisierung wie auch die Finanzierung von Stadt, Bistum und Bezirk übernommen werden – aufgrund der gemeinsamen historischen Verantwortung. Auch die Form des Gedenkens wurde von dem Fachgremium aus Vertretern der Stadt, der katholischen Kirche, sowie der Universität sehr ausführlich und umfassend beraten. „Wir wünschen uns“, so Kulturreferent Achim Könneke, „nicht nur eine künstlerische Interpretation, sondern auch eine Ergänzung durch vermittelnde Informationstafeln und/oder ein zusätzliches digitales Angebot zur Umsetzung der hochkomplexen Thematik.“
Neuesten Forschungen zufolge wurden in Europa bis 1750 zwischen 40.000 und 60.000 Menschen Opfer der Hexenverfolgung. Seinen Höhepunkt erreichte der Hexenwahn zurzeit des 30-jähigen Krieges. In Süddeutschland starben etwa 9.000 Menschen, in Würzburg über 350. Auffallend ist in Würzburg die hohe Anzahl von Kindern und Klerikern unter den Opfern. Als letztes Opfer der Hexenverfolgung in Franken wurde die Nonne und Subpriorin des Klosters Unterzell bei Würzburg am 21. Juni 1749 hingerichtet. Die Hexenverfolgung erfasste Menschen aller Stände – und wurde nicht selten von der Bevölkerung und Autoritäten vor Ort initiiert. Es war nicht allein die Kirche, sondern auch die weltliche Obrigkeit und die Universität, die Verantwortung hatten. Weltliche Gerichte verurteilten die Menschen und vollzogen die Hinrichtungen, Gutachten kamen von der Universität. Darüber hinaus gibt es auch für den Raum Würzburg eindeutige Hinweise, so in Quellen der Staatsarchive Würzburg und Wertheim, dass auch von den Untertanen tatsächlich ein erheblicher Druck auf die Fürstbischöfe und ihre Verwaltung ausgeübt wurde, der Hexerei Verdächtigte zu verfolgen. Es war eine alle Schichten ergreifende Jagd auf Menschen. Neben einfachen Leuten, überwiegend Frauen, wurden Adlige, Ratsherren und Bürgermeister verbrannt.
BU: Blick auf den Platz am Schottenanger, der Standort für das Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgung werden soll. Foto: Victoria Hoffmann
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