Ruping Chen (PhD) untersucht am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz die Folgen der LEMD2 Mutation im Mausmodell. © Kirstin Linkamp
Ruping Chen (DZHI Würzburg) gewinnt Young Investigator Award des Heart Failure Winter Research Meeting
Mit der Entdeckung einer Mutation im LEMD2-Gen haben Brenda Gerull und Ruping Chen vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI) bereits vor zwei Jahren das Spektrum der genetischen Ursachen für eine Herzinsuffizienz erweitert. Für die nachfolgende Entschlüsselung der molekularen Mechanismen, die der Mutation im Kernmembranprotein LEMD2 zugrunde liegen, wurde Ruping Chen jetzt von der European Society of Cardiology beim virtuellen Winter Meeting der Heart Failure Association mit dem Young Investigator Award ausgezeichnet. Darüber hinaus unterstützt die Deutsche Stiftung für Herzforschung die Biomedizinerin mit 60.000 Euro bei der Beantwortung der Frage, wie Mutationen im Kernhüllenprotein eine Kardiomyopathie auslösen können. Weiterhin darf sich Chen über ein Stipendium der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Höhe von 50.000 Euro freuen. Im Rahmen dieses Stipendiums möchte die Wissenschaftlerin LEMD2 Mutationen im Stammzellenmodell charakterisieren.
Genetische Formen der Herzinsuffizienz – familiäre Kardiomyopathien – stehen im Department Kardiovaskuläre Genetik am DZH im Fokus der Forschung und Behandlung. Brenda Gerull und ihr Team suchen nach neuen Ursachen und Folgen, die zur Herzinsuffizienz führen. Mit Erfolg. So hat Ruping Chen entdeckt, dass eine Mutation im Kernmembranprotein LEMD2 eine schwere Form der Kardiomyopathie auslösen kann. Die Herzmuskelerkrankung verursacht bereits bei jungen Erwachsenen gefährliche Herzrhythmusstörungen, die zum plötzlichen Herztod führen können. Interessanterweise geht den Herzveränderungen eine Linsentrübung im frühen Kindesalter voraus, im Volksmund auch als grauer Star bekannt. Ähnlich wie bereits bekannte Mutationen im Lamin-Protein führen genetische Veränderungen im LEMD2-Protein zu Frühalterungskrankheiten, zu denen die Progerie gehört.
Mit der Erforschung des Kernmembranproteins LEMD2 das Puzzle vervollständigen
Obwohl an den Lamin-Proteinen, die zu Laminopathien führen, schon länger geforscht wird, sind die komplexen Mechanismen immer noch nicht vollständig verstanden. „Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum unsere Untersuchungen der Mutation im Kernmembranprotein LEMD2 am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz in der Wissenschaft derzeit auf großes Interesse stoßen“, mutmaßt Brenda Gerull. Mit der Entdeckung des veränderten „Alterungsgens“ und dessenmolekularen Folgen haben die Kardiogenetikerin und ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Ruping Chen einen wertvollen Beitrag zum weiteren Verständnis genetischer Kardiomyopathien geleistet. Chen arbeitet schon länger an den Mechanismen der Alterung und konnte im November 2020 die Ergebnisse ihrer Arbeit während ihres PhD-Studiums am Institute of Aging Research der Hangzhou Normal University hochrangig im Journal Cell Metabolism1 veröffentlichen. In ihrer Promotion ging es um die Alterungsprozesse der Lunge, heute fokussiert sie sich auf die vorzeitige Alterung des Herzens und wie diese zu einer besonderen Form der arrhythmogenen Kardiomyopathie führt. Hierbei möchte sie die Mechanismen von LEMD2 Mutationen besser verstehen, um zukünftig entsprechende therapeutische Ansätze im Gesamtkomplex dieser Proteine zu finden.
Mutation in Mäusen ahmt menschlichen Phänotyp nach
Mit Hilfe der CRISPR/Cas9-Technologie wurde die humane LEMD2- Mutation namens p.L13R in ein Mausmodell eingebracht. Schon nach wenigen Wochen beobachtete Chen bei den Mäusen zelluläre Veränderungen am Herzen, die aber zunächst die Herzfunktion nicht beeinträchtigen. Nach neun Monaten entwickelten die Mäuse mit der Mutation eine Kardiomyopathie, die der beim Menschen beobachteten Form sehr ähnlich ist. Das heißt, die Herzhöhlen waren erweitert, Fachleute sprechen von einer Dilatation, die Herzfunktion war deutlich eingeschränkt, und es kam zu schweren Herzrhythmusstörungen, sogenannten Arrhythmien.
"Erstaunlicherweise waren die Herzmuskelzellen deutliche vergrößert, wohingegen das Herz keine Hypertrophie der Herzwände zeigte“, schildert Ruping Chen ihre Entdeckung, die sie auf folgende Vermutung brachte: „Wenn nur die Kardiomyozyten stark hypertrophiert sind, also nur die Muskelzellen und nicht das Herz vergrößert sind, dann sind wahrscheinlich bereits kurz nach der Geburt weniger Zellen vorhanden. Somit müsste ein früher Proliferationsdefekt vorliegen. Das heißt, die Zellen teilen sich nicht regelrecht. Die Hypertrophie stellt somit wahrscheinlich eine Kompensation dar.“
Was ist in der Kernmembran nicht in Ordnung?
Darüber hinaus beobachtete Ruping Chen, dass die Zellen vorzeitig altern und die DNA geschädigt ist. „Elektronenmikroskopische Aufnahmen des Zellkerns lassen vermuten, dass ein gestörter Reparaturmechanismus in der Kernmembran eine Rolle bei der Entstehung einer Kardiomyopathie spielen könnte“, berichtet Ruping Chen. „Im Zellkern werden zum Beispiel DNA-Schäden repariert, daher ist die Unversehrtheit der Kernmembran immens wichtig.“ Nun gilt es, die funktionellen und morphologischen Veränderungen am Herzen weiter zu charakterisieren und die molekularen Mechanismen und Signalwege zu finden, um mögliche Zielmoleküle für zukünftige Behandlungen zu definieren. „Welche Prozesse genau gestört sind, das müssen wir jetzt herauszufinden“, resümiert Ruping Chen.
Preisgekrönter Meilenstein
Ruping Chen ist seit vier Jahren Postdoc im Department Kardiovaskuläre Genetik. Der Gewinn des Young Investigator Awards beim Heart Failure Winter Research Meeting 2021 ist für die gebürtige Chinesin eine ganz besondere Auszeichnung – ein preisgekrönter Meilenstein in ihrer Forschung. Gilt das traditionelle Winter Meeting der Heart Failure Association (HFA) doch inzwischen als bester Grundlagen-Kongress zur Herzschwäche in Europa. Lorbeeren, auf denen sich die Wissenschaftlerin und Mutter eines zwei Jahre alten Sohnes jedoch keinesfalls ausruhen möchte. Im Gegenteil: Sie ist höchstmotiviert für die weiteren Untersuchungen. Rückenwind geben ihr die Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) mit einem Forschungsstipendium in Höhe von 50.000 Euro sowie die Deutsche Stiftung für Herzforschung mit einer Förderung in Höhe von 60.000 Euro2 .
1 https://doi.org/10.1016/j.cmet.2020.10.004.
2 https://www.dshf.de/projekte.php
Über das DZHI Das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz ist ein integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum unter dem Dach von Universitätsklinikum und Universität Würzburg und wird seit dem Jahr 2010 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Ziel ist es, effektive Strategien für Prävention und Therapie der Herzinsuffizienz zu entwickeln und die Erkrankung grundlegend zu erforschen. Das Zentrum vereint dazu Grundlagen-, Versorgungs- und klinische Forschung in einem bundesweit einmalig multidisziplinären, translationalen Ansatz.
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