Neujahrsempfang der Stadt Würzburg: Wie Menschen und Meinungen zusammenkommen und große Herausforderungen meistern
WÜRZBURG - Rund 600 Gäste besuchten den diesjährigen Neujahrsempfang der Stadt Würzburg, der geprägt war von Rück- und Ausblicken. Gastredner war Bischof Dr. Franz Jung.
Hatte Oberbürgermeister Christian Schuchardt in der Jahresschlusssitzung des Würzburger Stadtrates Ende Dezember Politik dazu aufgerufen, Mut zu machen, stellte er das Thema seiner diesjährigen Neujahrsrede unter das Motto und die Aufgabe der Politik "Zusammenführen" und nahm die Würzburgerinnen und Würzburger mit auf eine Reise durch Würzburg. Diese Reise war einerseits persönlich, andererseits zeigt sie aus vielen unterschiedlichen Blickwinkeln, einem Kaleidoskop ähnlich, wie lebendig und vielfältig Würzburg in den letzten Jahren gewachsen ist.
Auf der imaginären Rundreise durch Würzburg mit unterschiedlichen Verkehrsträgern, "da Mobilität eines der beherrschenden Themen des vergangenen Jahres war", wanderte der Oberbürgermeister mit den Gästen des Rathauses zum LGS-Park am Hubland, der im März der Öffentlichkeit übergeben wurde: "Seitdem finden in diesem Vorzeigestadtteil bei schönem Wetter wahre Völkerwanderungen statt", beobachtete Schuchardt. Am Hubland zeige sich darüber hinaus, dass Würzburg "eine der digitalsten Städte ist, mit den drei Standorten des Zentrums für Digitale Innovation, einer reichen Gründerszene, für die Kreativ- und Büroräume und im neuen Gewerbegebiet das Skyline-Hill-Center geschaffen wurde."
Trotz des Baus eines neuen Stadtteils haben sich im letzten Jahr auch die Innenstadt und die Stadtteile entwickelt: Die Ausgleichmaßnahmen für die Straßenbahnlinie 6 stehen kurz vor der Planfeststellung, die Förderaussichten sind positiv, für die Streckennetzerweiterung nach Grombühl war im letzten Jahr Spatenstich für die Linien 1 und 5. „Mit einer hohen Förderquote, die ich mit dem Kämmerer gemeinsam herausverhandeln konnte. Außerdem haben wir für die Straßenbahn eine neue Flotte bestellt, alle Wagen barrierefrei und klimatisiert", so Schuchardt und betonte: "Die Straßenbahn ist für mich Chefsache."
Vom Hubland in die Innenstadt nahm Schuchardt mit den Gästen den Bus, von denen alle älteren Fahrzeuge mittlerweile den Euro Norm 6 Standard erreichen, da sie mit SCRT-Filtern nachgerüstet wurden. "Der Bus fährt über die Rottendorfer Brücke. Die Brücke muss saniert werden, wir bauen aber die Siligmüller-Brücke wieder auf. Ein langgehegter Wunsch der Anwohner. Die Ausschreibung läuft!" Am Theater steigen die Besucher aus, an einem Theater, das mitten in der Sanierung steckt, wächst und zum Staatstheater geworden ist. "Ich denke, als ich als Kämmerer in Würzburg angefangen habe, da war es nicht lange her, dass man über Schließung oder Bespieltheater laut gesprochen hat. Es waren schwere Zeiten damals.... - Im Herbst diesen Jahres wird das Theater im Kleinen Haus neu eröffnet."
Ein Schritt nach dem anderen führt zur Mozartschule, für "die wir eine geniale Lösung gefunden haben." Schritt für Schritt werde es auch am Kardinal-Faulhaber-Platz weitergehen, wenn Schutt und Leitungen im Untergrund entfernt und damit ausreichend große Pflanzgruben für Bäume geschaffen werden.
In der Spiegel- und Eichhornstraße wurde im vergangenen Jahr die neue Fußgängerzone fertiggestellt. "In den Nachbarstraßen geht es in den nächsten Jahren weiter", verspricht Schuchardt. Auf dem Weg über den Marktplatz denkt der Oberbürgermeister an die "richtig starken Demos" in den vergangenen Monaten, von Jugendlichen und Erwachsenen für die Verkehrswende. Dabei habe Würzburg bereits den CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um 40 % gesenkt und damit das Ziel der Bundesregierung erreicht: "Ein grünes Freiburg oder ein schwarzes Münster, die Fahrradhauptstadt Deutschlands, hingegen überhaupt nicht." Den Fahrradetat habe Würzburg in den letzten Jahren vervielfacht, genauso investiert werde in den ÖPNV. Für eine nachhaltige Verkehrswende habe er dem Stadtrat im letzten Jahr vorgeschlagen, den "Radentscheid" als Grundsatzbeschluss anzunehmen. "Das heißt aber nicht, dass jede vierspurige Straße zweispurig wird. Am Röntgen- und Haugerring baut die Stadt für 1,7 Mio Euro 1,4 km Radweg und die Straße bleibt vierspurig. Die Fotomontage des Bündnisses mit der Friedensbrücke als zweispurige Straße werden wir nicht realisieren, denn das schadet der Umwelt durch die Einfädelungsstaus." Überlegenswert sei eine neue Fahrradbrücke über den Main "zwischen Löwenbrücke und Alter Mainbrücke. Damit löst man die Probleme zwischen Schoppenfetzern, Fußgängern und Radfahrern auf der Alten Mainbrücke und reduziert Konflikte auf der Ludwigsbrücke."
Das Thema Mobilität und Verkehr hat den Stadtrat im letzten Jahr sehr beschäftigt, doch bei einem Thema setzt der Oberbürgermeister ganz besonders auf die Meinung der Würzburger: "Wenn eine Seilbahnlösung zur spruchreifen Vorzugsvariante zur besseren Erschließung des Museums für Franken wird, dann trete ich für einen Ratsentscheid ein. Man kann dafür oder dagegen sein, aber die Fragestellung ist nicht komplex und soll von der Bevölkerung entschieden werden. Das finden Sie auch, oder?", fragte er und erhielt spontanen Applaus.
Der weiße Turm des Grafeneckarts und die Behr-Halle waren große Neuerungen im Rathaus, wo die Bürgersprechstunden des Oberbürgermeisters gut besucht werden. "Es gibt weniger Beschwerden über die Bauverwaltung, zum Ausländeramt gar keine mehr." Ein Thema sei, so Schuchardt, Kinderbetreuung, obwohl Würzburg mit seinem Kita24-Projekt deutschlandweit ganz vorne sei. Neben dem Verkehr sei jedoch Wohnen das bedeutendste Thema in Würzburg. Neu gebaut wurden zwar seit 2014 rund 2.900 Wohneinheiten bei einem Zuzug von 3.100, doch zugenommen haben vor allem Einpersonenhaushalte. „Auch deswegen ist es wichtig, dass wir den Faulenberg erwerben", zog Schuchardt eine klare Linie. "Und nicht als Fläche des Bundes für ein Zollamtsgebäude mit 15 Lkw-Laderampen nutzen, wodurch zusätzlicher Verkehr über die B19 in die Stadt gezogen wird."
Das neue Schwimmbad Nautiland und das im Norden in interkommunaler Zusammenarbeit entstehende Stadtbad Nord passierte Schuchardt und ließ auch die Schulen mit einem 300 Millionen-Euro-Investitionspaket nicht unerwähnt, ebenso wie die Multifunktionsarena und die Tatsache, dass der Schuldenstand - trotz der großen Investitionen - auf 200 Millionen Euro zurückgefahren werden konnte und eine Rücklage angelegt wurde. " Würzburg ist vielleicht nur eine kleine Großstadt, aber auf jeden Fall großartig", schlug Schuchardt den Bogen zum Kaleidoskop: Überraschend vielfältig, überraschend groß, überraschend bunt. "Die Vielfältigkeit ist der Reichtum der Stadt und der Reifegrad einer Gesellschaft." Aufgabe der Politik und des Stadtrates sei es, diese Vielfältigkeit zusammenzuführen, mit dem Klimaversprechen, beim Radentscheid, beim Staatstheater oder dem Engagement für Flüchtlinge - und die Menschen gemeinsam für die großen Herausforderungen der Zukunft mitzunehmen.
"Nur gemeinsam können wir die Herausforderungen bewältigen"
Eben diesen großen Herausforderungen der Zukunft widmete sich der Gastredner des städtischen Neujahrsempfangs, Bischof Dr. Franz Jung. War die zweite Rede beim Neujahrsempfang der Stadt Würzburg bis 2013 viele Jahre dem Würzburger Bischof vorbehalten, knüpfte Oberbürgermeister Schuchardt in diesem Jahr an diese Tradition an und hatte den Bischof eingeladen. Dieser hielt in einer Rede, die zu vielen Theologen, Philosophen und Soziologen Stellung bezog, ein Plädoyer für mehr Geduld und Langmut in einer sehr ungeduldigen Zeit. Voraus schickte der Bischof seine Analyse der gegenwärtigen Gesellschaft, die in mehrfacher Hinsicht auch hoffnungsvoll stimmen könne. Die Menschen sorgen sich um ihre Demokratie. Die lange Zeit als unpolitisch und uninteressiert abgestempelte Jugend schreitet beim Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit engagiert voran. Und auch in der Kirche, beim Synodalen Weg, gibt es aktuell einen großen Drang, vom Diskutieren endlich zum Reformieren zu kommen.
Die Ziele seien also die richtigen, doch wie ist der Weg und die Lösungsstrategie zum Zeitpunkt „fünf vor zwölf“, den es laut Jung auch vor Jahrzehnten schon sehr häufig gegeben hätte? „Das konstatierte Ende der Geduld geht auch einher mit einem besonderen Affekt. Es ist der Zorn, der sich in Zornausbrüchen zeigte und in zornigen Reden äußerte.“ Zorn, Schwarz-Weiß-Denken und An-den-Pranger-Stellen seien aber die falschen Begleiter bei der Lösung komplexer Herausforderungen. „In diesem Sinn hilft dann auch eine apokalyptische Zweiteilung der Welt in Gut und Böse nicht weiter. Abgesehen davon, dass die Apokalypse das Gericht ausdrücklich immer dem Weltenrichter vorbehält und eindrücklich davor warnt, sich selbst die Rolle des Vollstreckers göttlicher Gerechtigkeit anzumaßen, sind die Herausforderungen so groß, dass sie nur in einer gemeinsamen Anstrengung bewältigt werden können“, so der Bischof. In einer solchen Phase sei „Makrothymia“ gefragt, das man aus dem Griechischen mit „der lang anhaltende Zorn“ übersetzen könne, oder besser gesagt, Energie und Mut zur Veränderung über einen längeren Zeitraum hinweg. Zeit, Geduld, Übersicht und auch Humor seien die Mittel der Zeit und nicht „bitterer Eifer“, mahnte der Bischof.
Der Neujahrsempfang der Stadt Würzburg war sowohl von geladenen Gästen als auch Würzburger Bürgerinnen und Bürgern traditionell gut besucht, darunter der Präsident des Zentralrats der Juden, Dr. Josef Schuster, Regionalbischöfin Oberkirchenrätin Gisela Bornowski, der Sprecher der muslimischen Gemeinden Ahmet Bastürk, Abgeordnete des Deutschen Bundestags, Paul Lehrieder und Andrew Ullmann, Abgeordnete des Bayerischen Landtags, Patrick Friedl und Volkmar Halbleib, der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär Walter Kolbow, Regierungsvizepräsident Jochen Lange, Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel, die unterfränkischen Landräte Eberhard Nuß, Thomas Habermann und die stellvertretenden Landräte Harald Schneider und Peter Seifert, der Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg Clemens Lückemann, Polizeipräsident Gerhard Kallert, der Kanzler der Julius-Maximilians-Universität Dr. Uwe Klug, der Präsident der Hochschule für Musik Prof. Dr. Christoph Wünsch, der Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Prof. Dr. Georg Ertl, und aus Wirtschaft, Handwerk und Handel Klaus D. Mapara, Prof. Dr. Ralf Jahn, Walter Heußlein, der Präsident des Weinbauverbandes, Artur Steinmann, Weinkönigin Carolin Meyer, außerdem Vertreter der Banken, Behörden, Institutionen, Gewerkschaften, Parteien, Vereine, Verbände, der Medien.
v.li: Bürgermeister Dr. Adolf Bauer, Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake, Ossi Endres, Eva-Maria Bast, Bischof Dr. Franz Jung, Oberbürgermeister Christian Schuchardt.
Foto: Claudia Lother
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