Schweinfurt: -Wir empfangen keine Aktenzeichen, sondern Menschen-


„Wir empfangen keine Aktenzeichen, sondern Menschen“

MdL Petersen informiert sich bei Schweinfurter Polizeiinspektion bezüglich Erstaufnahmeeinrichtung

Wenn im Sommer 2015 in den Schweinfurter Ledward-Barracks die unterfränkische Erstaufnahmeeinrichtung eröffnet, ist man bei der Polizei vorbereitet. Davon konnte sich die SPD-Landtagsabgeordnete Kathi Petersen (Schweinfurt) bei einem Gespräch mit Detlev Tolle, Chef der hiesigen Polizeiinspektion, sowie seinem Stellvertreter, Polizeirat Michael Libionka, überzeugen. Mit dabei waren die Polizeihauptkommissare Detlef Schrenk und Roland Merz, die mit Libionka für die Vorbereitungen zuständig sind.

Die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen sei überwiegend gut,
so Petersen. Es müsse alles getan werden, damit dies auch so bleibe. Daher wolle sie sich bei der Polizei über deren Konzept und etwaige Probleme informieren.

Umstände wie in anderen Erstaufnahmeeinrichtungen, beispielsweise in Zirndorf, die zeitweise überbelegt gewesen seien, solle es in Schweinfurt nicht geben. Stadt, Landkreis und die Regierung von Unterfranken seien ebenso wie die Polizei daran interessiert, die Flüchtlinge so gut wie möglich unterzubringen. Die Zusammenarbeit mit allen beteiligten Behörden funktioniert Polizeichef Tolle zufolge ausgezeichnet.

Für besonders wichtig im Umgang von Behörden und Flüchtlingen hält Tolle konstante Strukturen. Alle Seiten müssten dauerhaft motiviert bleiben. „Unser Kernanliegen ist, dass wir es schaffen, dieses Thema auch über einen langfristigen Zeitraum – also nicht nur für ein Jahr – professionell und mit hohen Ansprüchen zu bearbeiten“, so Tolle. Hier sei die Politik gefordert, in engem Kontakt mit den Behörden vor Ort zu bleiben. Dem pflichtet Petersen bei: „Die Rahmenbedingungen müssen stimmen“.

Ein zentraler Punkt seien auch Beschäftigungsmöglichkeiten für die betroffenen Menschen. In Zirndorf könnten die Flüchtlinge mit öffentlichen Verkehrsmitteln viele Angebote in der Metropolregion Nürnberg/ Fürth/ Erlangen nutzen. Hier sei jedoch davon auszugehen, dass sie hauptsächlich in Schweinfurt blieben. Libionka sieht daher die Notwendigkeit, in der Einrichtung selbst für attraktive Beschäftigungs-möglichkeiten zu sorgen.“ Alles, was wir da anbieten können, fördert das Miteinander und hilft, Reibereien zu vermeiden“.
Dem dient auch die Ausgestaltung der Einrichtung, wie Polizeihauptkommissar Schrenk deutlich macht: große Schlafsäle und Gemeinschaftsduschen haben die Verantwortlichen bei der Regierung und der Stadt Schweinfurt gezielt vermieden. In jedem Stockwerk ist wenigstens eine Teeküche vorgesehen. In der Kantine soll es einmal täglich ein warmes Essen sowie Eßpakete für Frühstück und Abendessen geben. Auch für Notfälle sei man gut vorbereitet: der überdachte Ankunftsbereich sei barrierefrei. „Zudem gibt es einen großen Eingangsbereich mit sanitären Einrichtungen“.

Auf Anfrage von Petersen, wie es denn mit der medizinischen Versorgung sei, teilte Schrenk mit, dass nach dem Asylverfahrensgesetz die Menschen sowieso untersucht werden müssen. „Für die sonstige ärztliche Versorgung werden Sprechstunden eingerichtet“, so Schrenk. Für Notfälle und außerhalb dieser Sprechzeiten müsse über die Rettungsleitstelle Hilfe gerufen werden.

So gut auch die Planung ist: Bei der Umsetzung dürfte es einige Schwierigkeiten geben, v.a. über mehr Personal würde man sich bei der Polizei freuen: Liegt die Soll-Stärke in Schweinfurt bei 222 (womit man eine der größten Polizeiinspektionen Bayerns ist), so sind es in echt deutlich weniger. „Die Kollegen haben hier immer was zu tun“, teilt Detlev Tolle mit. Mit der Eröffnung der Erstaufnahmeeinrichtung werde noch mehr Arbeit auf die ohnehin personell strapazierte Schweinfurter Polizei zukommen. Ursprünglich hatte die Staatsregierung zwölf zusätzliche Soll-Stellen für die Polizei-inspektion Schweinfurt in Aussicht gestellt: „Aus diesem Grund haben wir uns bei der Planung auch erst mal keine großen Sorgen gemacht. Diese Stellen kommen nach derzeitigem Stand vermutlich nicht“, berichtet Tolle.

Das Problem: Im Rahmen des Asylverfahrens prüft die Polizei sowohl ob der Asylbewerber ausländerrechtliche Verstöße begangen hat, als auch die rechtmäßige Identität der Schutz suchenden Menschen. Dazu gehört die „erkennungsdienstliche Behandlung“ und auch gegebenenfalls die Vorlage einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. „Wenn also in der Erstaufnahmeeinrichtung ca. 500 Menschen aufgenommen werden können und ca. alle drei bis sechs Wochen wieder neue Flüchtlinge kommen, so kann man sich denken, was das für einen Aufwand mit sich bringt“, erläutert Libionka.

„Neben den formal abzuarbeitenden Elementen bräuchten wir mehr Zeit für die menschliche Komponente“. Man habe schließlich mit Menschen aus verschiedenen Kulturen zu tun, die zum Teil auch traumatisierende Erlebnisse in ihrer Heimat oder auf der Flucht hatten. Diese sollten Vertrauen zu den Polizisten gewinnen. „Viele Menschen haben erst mal Angst vor den Behörden, da in ihren Heimatländern keine demokratischen Verhältnisse vorherrschen“, ergänzt Polizeichef Tolle. „Wir möchten, dass sie ihre Ängste verlieren und mit uns kommunizieren können. Wir empfangen schließlich keine Aktenzeichen, sondern Menschen“.

Weitere Fragen (z.B. wie die Einrichtung geschützt wird) wurden ebenfalls erörtert und man kam überein, miteinander in Kontakt zu bleiben:

MdL Kathi Petersen zeigte sich sehr angetan von der Arbeit der Polizei und bot ihre Hilfe an: „Es ist ganz klar, dass auch bei der Schweinfurter Polizei und allen anderen beteiligten Behörden alles dafür getan wird, dass Menschen, die in ihrer Heimat Furchtbares erlebt haben, hier menschenwürdig untergebracht werden“.



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