Glosse: Ahoi und Adieu – Vom Segen, den man nicht versteht
Manche Geschichten beginnen mit einem Traum und enden, naja, sagen wir, mit einem sehr realistischen Aufprall auf dem Deck der Ernüchterung. Meine eigene Seemannsromanze mit der Piratenpartei gleicht da eher einem Schiffbruch mit Ansage, auch wenn das Herz noch immer leise "Ahoi!" flüstert. "Ich wär so gern Piratin geblieben", jammert es da in mir, und diese Zeile aus meinem Lied, das ich kürzlich geschrieben habe , bringt es auf den Punkt wie ein Enterhaken ins Holz.
Als ich damals anheuerte, da war da dieser Wind der Freiheit des Andersdenkenden. Ein frischer Hauch von digitaler Utopie, wo jeder Nerd, jede Querdenkerin – oder sollte ich sagen, jede Quer-Plankengeherin – ihren Platz finden sollte. Ich, ein Kind, mit dem Löffel, vielleicht nicht die Weisheit, aber definitiv den Wunsch nach Veränderung gefressen, stürzte mich kopfüber in die Piraten-See. Habe kandidiert für den Landtag, geopfert, zeit meines Lebens, als wäre ich eine moderne Jeanne d'Arc, nur eben mit mehr Bytes und weniger Flammen.
Doch dann kam die ernüchternde Realität, die sich so deutsch und ordnungsvernarrt in der Parteisatzung einnistete, dass mir schwindelig wurde. Wer bitte schön braucht so viel Bürokratie, wenn man eigentlich die Welt retten will? Es gab da diese seltsamen Gestalten, diese "Piraten", die scheinbar die Wahrheit und das Wissen schon als Baby mit dem Löffel gefressen hatten. Und der Rest von uns? Wir waren wohl die Dummköpfe, die nicht würdig waren, das orangefarbene Banner hochzuhalten. Mobbing und Neid sind da die harmlosen Begriffe für das, was sich hinter den digitalen Kulissen abspielte. Eher wie ein unappetitlicher Tauchgang in die Abgründe der menschlichen Psyche.
Ich frage mich bis heute, wie viel wir in Deutschland hätten bewegen können, wenn diese Nerds nicht so sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen wären, das eigene Universum zu verteidigen. Manchmal habe ich das Gefühl, die Piratenpartei war ein genialer Algorithmus, der leider von einem Bug im "Menschlichen Faktor" befallen wurde.
"Was solls", denke ich mir manchmal. Die Kaperfahrt ist vorbei, der Anker gelichtet, und das Schiff treibt ohne mich dahin. Die Trauer ist da wie ein dumpfer Nebel über dem Wasser. Aber hey, vielleicht ist es auch ein Segen, den man nicht versteht. Denn am Ende des Tages, lieber Herr Kapitän der Selbstzerstörung, war ich eine Piratin mit Herz und Blut. Und das ist etwas, das man mir nicht nehmen kann, egal, wie viele Planken ich von Bord gescheucht wurde. Mein Enterhaken ist vielleicht eingezogen, aber der Blick geht immer noch Richtung Horizont. Wer weiß, welche neuen Seeabenteuer warten – ganz ohne Schwindelgefühle von deutscher Parteiordnung.
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