Stellungnahme von SMV, Elternbeirat und Förderverein der Rathenau-Schulen zum Schulentwicklungsplan der Stadt Schweinfurt‏





In der Gesamtbeurteilung des Schulentwicklungsplans sind Elternbeirat, Förderverein und SMV der Rathenau-Schulen der Meinung, dass der Schulentwicklungsplan nicht Grundlage für eine Entscheidung zur Schließung der Rathenau-Schulen sein darf. Es sieht vielmehr so aus, als ob er lediglich eine Entscheidung, die bereits vorab getroffen wurde, untermauern soll. Bei der Analyse des Schulentwicklungsplans sehen wir deutliche handwerkliche Schwächen. Einige Hinweise deuten darauf hin, dass am Plan bis zuletzt gefeilt wurde. Aber nicht um diesen zu verbessern, sondern um Argumente gegen eine Schließung zu entkräften. Fragen nach schulischer Qualität stellt der Plan nicht, er untersucht sie nicht und nimmt auch mit der Schließung und Zusammenlegung verbundene Probleme und qualitative Folgen des Schließungsszenarios nicht in den Blick.

Dieser Plan darf keine Grundlage für jegliche weitreichende Entscheidung sein.

Beim Prüfen des Schulentwicklungsplans für die Stadt Schweinfurt sind im Einzelnen folgende methodische Schwachstellen aufgefallen:
In der Einleitung des Schulentwicklungsplans (Seite 4) werden fünf zentrale Thesen genannt, die laut Kultusministerium Voraussetzung für eine erfolgreiche Schulentwicklung sind und an denen sich auch die Schulentwicklungsplanung der Stadt Schweinfurt orientieren möchte. Dies ist aber in keinster Weise erfolgt: Weder wurden „klare, von der gesamten Schulgemeinschaft getragene und realistische Ziele“ verfolgt, noch wurde eine „Reflexion der individuellen Arbeit der einzelnen Lehrkraft und der gesamtschulischen Arbeit“ vorgenommen. Der Grundsatz, dass „erfolgreiche schulische Entwicklungsarbeit auf der Erfahrung, dem Wissen und der aktiven Beteiligung der Mehrheit des Kollegiums basiert“, wurde ebenfalls nicht beachtet. Tatsächlich wurden die betroffenen Kollegien weder einbezogen noch bewertet. Lediglich die Schulleitungen wurden einmal befragt.

Als Ziel des Schulentwicklungsplans (s. Seite 5) wird u.a. genannt, er solle sicherstellen, dass die Schullandschaft dauerhaft eine Bandbreite an Schulformen und Bildungsrichtungen beinhaltet. Die vorgeschlagene Schließung der Rathenau-Schulen betrifft hingegen die einzige Schule mit der Kombination Gymnasium/Realschule unter einem Dach, die eine einzigartige Durchlässigkeit in beide Richtungen garantiert.

Ebenfalls auf Seite 5 steht: „Bei der Projektion der Schülerzahlen wurde die Zuwanderung der Flüchtlinge bis 31.12.2015 berücksichtigt.“ Und weiter: „Zukünftige Zuwanderungen von Flüchtlingen sind unvorhersehbar und wurden nicht als zusätzliche Varianten einbezogen.“ Dies erscheint uns als eine sehr unrealistische Herangehensweise.

Expertenbefragungen: Auf Seite 54 des Schulentwicklungsplans steht, dass bei Expertenbefragungen die Schulleitung jeder Schule jeweils nur einmal befragt wurde, sogar wenn mehrere Schulen durch die gleiche Person geleitet werden. Bei einem Schulentwicklungsplan ist es unseres Wissens üblich, dass neben einem externen Institut auch die vielfältigen betroffenen Stellen vor Ort an der Erstellung mitwirken. Das ist hier im Falle der Realschulen und Gymnasien, wo die weitreichendsten und problematischsten Folgerungen aufgestellt wurden, nicht der Fall gewesen. Üblicherweise werden im Vorfeld von Schulentwicklungsplänen folgende Institutionen in ständiger Zusammenarbeit und ohne Geheimhaltungspflicht einbezogen: Schülervertreter, Elternvertreter, Schulleitungen, IHK, Handwerkskammer, Arbeitsamt und noch mehr.

Aufbereitung der Tabellen: In den Tabellen der weiterführenden Schulen (Abbildung 3.17 bis 3.18 und Abbildung 3.23 bis 3.26) werden Stadt und Landkreis Schweinfurt getrennt betrachtet. Bedingt durch die zentrale Lage Schweinfurts im Landkreis und da Schweinfurt mit Schulen sehr gut ausgestattet ist, muss man Stadt und Landkreis als eine Einheit betrachten. So lassen sich Defizite viel besser erkennen. Dann wird deutlich, dass in Schweinfurt (S+L) sowohl Anzahl, als auch Anteil der Real- und Wirtschaftsschüler im bayerischen Vergleich unterdurchschnittlich sind (Tabelle 3.17 und 3.18). Ebenso wird deutlich, dass die Übertrittsquote an Gymnasien mit 35% deutlich unter dem bayernweiten Schnitt von 39,1% liegt (Tabelle 3.23). Im Text steht dazu nur beschönigend, dass Schweinfurt knapp unter dem Schnitt liegt und der Landkreis deutlich besser als manch anderer Landkreis. Dass Schweinfurt (S+L) deutlich unter dem Schnitt liegt, zeigt sich dann auch bei der Anzahl der Gymnasien (5 bei 166.000 Einwohnern – Tab. 3.24), bei der Anzahl der Schüler an Gymnasien (3.498 bei 166.000 Einwohnern – Tab. 3.25) und beim Anteil der Schüler an Gymnasien (etwa 16% bei einem bayernweiten Schnitt von 26,3%). Die Aufbereitung der Tabellen und die Kommentare dazu erscheinen beschönigend und die Tatsachen verschleiernd.

Dass das Gymnasium Gerolzhofen in die Betrachtung einfließt, um ein ausreichendes Angebot an Gymnasien in Stadt- und Landkreis Schweinfurt nachzuweisen, ist nicht korrekt. Gerolzhofen, das mit 318 Schülern auch nur eine niedrige Schülerzahl ausweist, ist lediglich eine Außenstelle des Gymnasiums Gaibach (Landkreis Kitzingen), rechtlich nicht selbständig und auch nicht voll ausgebaut, da nur die Klassen 5 bis 10 angeboten werden. Ab der 11. Klasse muss man entweder nach Gaibach oder in ein anderes Gymnasium wechseln. Auch auf den Seiten des Kultusministeriums wird das „Gymnasium Gerolzhofen“ nicht als eigenständige Schule geführt. Stadt- und Landkreis Schweinfurt in Gänze sind schon mit Berücksichtigung von Gerolzhofen und Rathenau leicht unterdurchschnittlich mit Gymnasien versorgt. Wenn man Gerolzhofen herausrechnet und das Rathenau geschlossen ist, weist Schweinfurt eine dramatische Unterversorgung aus.

In Tabelle 3.9 (Realschulen) und in Tabelle 3.13 (Gymnasien) wird detailliert analysiert, wie viele Schüler aus Schweinfurt (S+L) in anderen Landkreisen weiterführende Schulen besuchen, wohl um zu implizieren, dass die Anzahl der Schulen in Schweinfurt (S+L) ausreichend ist. Eine Statistik, wie viele Schüler aus anderen Landkreisen in Schweinfurter weiterführende Schulen geht, fehlt, obwohl sich diese Zahl alleine an den Rathenau-Schulen auf 80 Schüler beläuft.

Die Variante 2b (Wechsel von G8 auf G9), die auf Seite 5 des SEP angekündigt wird, findet im weiteren Bericht keine Erwähnung mehr, obwohl alle anderen Varianten eingeflossen sind. Das lässt vermuten, dass die entsprechenden Passagen gelöscht wurden.

Ein nicht unwahrscheinlicher Wechsel von G8 auf G9 wird in einem Nebenkapitel abgehandelt (4.5). Die sich dann ergebenden Zahlen fließen bei der Ableitung von Handlungsoptionen nicht ein.

In der Studie Prognose der Schülerzahlen wird hauptsächlich die Variante 2 explizit herausgenommen (Abb. 4.1, Abb. 4.3, Abb. 4.4, Abb. 4.7). Diese Variante berücksichtigt weder die Auswirkungen der Konversion, noch eine Erhöhung der Übertrittsquote, noch eine Rückkehr von G9 bzw. Einführung der Mittelstufe Plus.

Mit anderen, benachbarten Regionen wurde kein ausreichender Vergleich vorgenommen (Vergleich: Statistiken „Gymnasien in Unterfranken“ bzw. „Realschulen in Unterfranken“). Dann wäre klar geworden, dass dort die Versorgung mit Realschulen und Gymnasien besser ist.

In den ersten Zahlen des Schulentwicklungsplans, die am 28. Juni 2016 durch Herrn Montag an Elternbeirat und Förderverein weitergeleitet wurden, wurden die 4 Realschulen in Schweinfurt (S+L) betrachtet. Durch Elternbeirat und Förderverein wurde die Statistik „Realschulen in Unterfranken“ am 11. Juli 2016 an die CSU-Fraktion übergeben, die auf eine Unterversorgung im Realschulsektor hinwies. Der Schulentwicklungsplan, der am 22. Juli 2016 veröffentlicht wurde, weist nun auch die beiden privaten Realschulen und die beiden privaten Wirtschaftsschulen in dieser Kategorie aus. Nun wird darauf hingewiesen, dass „Schweinfurt (Stadt) mit sechs Schulen bei mehr als 50.000 EinwohnerInnen deutlich vor Kommunen mit ähnlicher Größe liegt“. Von diesen sechs Schulen in Schweinfurt sind 4 private Schulen, die Schulgeld verlangen, somit für viele Eltern gar nicht in Frage kommen, und die alle vier zusammen mit 585 Schülern kleiner als die Rathenau-Realschule oder die Sattler-Realschule sind. Unserer Meinung wurden zumindest die privaten Wirtschaftsschulen hier nachträglich hinzugenommen, um die Statistik zu beschönigen. Ein Hinweis auf dieses Vorgehen, findet sich auch darin, dass diese beiden Schulen bei den Befragungen der Schulleitungen auf den Seiten 81ff nicht aufgeführt sind. Die Befragungen tauchen dann später in der Rubrik „Weitere Schulen“ auf (Seiten 103ff), wo sie wohl vorher zugeordnet waren.

Ein schwerer methodischer Fehler liegt darin, dass sich der Schulentwicklungsplan als Datengrundlage der Schülerzahlenprognosen lediglich auf die Bevölkerungsentwicklung der Stadt Schweinfurt beruft (siehe Seite 9 bis 53). Die weiterführenden Schulen werden jedoch zu einem großen Teil von Schülern aus dem Landkreis Schweinfurt bzw. aus anderen Landkreisen besucht, die eine unterschiedliche Bevölkerungsentwicklung aufweisen. So kamen z.B. im Schuljahr 2015/16 49% der Schüler an der Rathenau-Realschule aus den umliegenden Landkreisen, bei dem Rathenau-Gymnasium betrug der Anteil sogar 64%. Allein schon aus diesem Grund sind die getroffenen Schüler-Prognosen nicht valide, da der hauptsächlich bestimmende Faktor nur zu einem geringen Teil berücksichtigt ist.

Ebenso fehlt die qualitative Betrachtung der Schulen völlig: Schulen mit welcher Ausprägung benötigt Schweinfurt, um seinen Rang als bedeutende Industriestadt zu sichern und auszubauen? Wie wird der Fachkräftebedarf in Zukunft gesichert? Welche Zweige gibt es momentan an den weiterführenden Schulen, welche zukünftig? Können die anderen Schulen diese Ausbildungsrichtungen auffangen, wenn eine Schule wegfällt. Welche Qualitätsverluste werden der Übergangszeitraum und schließlich das Fehlen der betroffenen Schule bringen? Welche Qualitäten bringen mittelgroße Schulen? Als Entscheidungsgrundlage wurde ausschließlich die demographische Zahl verwendet.

Die abgeleiteten Handlungsoptionen sind nicht nachvollziehbar: es wird vorgeschlagen zwei Realschulen zusammenzulegen, obwohl überhaupt kein Handlungsbedarf vorliegt. 2009 hatten die Realschulen 2.355 Schüler, 2016 haben sie 2.719 Schüler, 2034 werden es nach der mittleren Variante 2.737 Schüler sein. Es gibt eine Steigerung der Schüler, die ein Zusammenwerfen der Schulen nicht rechtfertigt. Die bestehenden öffentlichen Realschulen sind jetzt schon überdurchschnittlich groß. Mit der neuen Realschule entstünde mit 1.250 bis 1.300 Schülern die mit Abstand größte Realschule Unterfrankens. Seitdem 2009 die Entscheidung für die Realschule in Schonungen getroffen wurde, stiegen die Schülerzahlen.

Die Handlungsempfehlungen für die Gymnasien sind genau so wenig nachzuvollziehen: Es gibt keine unterschiedlichen Optionen, sondern nur unterschiedliche Perspektiven einer einzigen Handlung: Schließung des WRG. Deutlicher wird es nirgends, dass die dargestellte Konsequenz des SEP vorgegeben war und nicht aus den Daten des SEP zu erschließen ist. Nur so erklärt sich diese suggerierte Alternativlosigkeit einer aus den Erhebungen nicht hervorgehenden Konsequenz. Für eine Stabilisierung der drei staatlichen Gymnasien gibt es nicht den geringsten Anlass. Dieser einzige Begründungsansatz wird allein schon dadurch widerlegt, dass zwei von ihnen deutlich größer als ein Durchschnittsgymnasium sind und das OMG im Bereich des Durchschnitts liegt und in seinem Bestand in keinster Weise gefährdet ist. Die einzige qualitative Aussage zur Schullandschaft ist das absurdeste Argument: Die – schwierige und noch nicht genehmigte – Übernahme des Wirtschaftszweiges des WRG ans OMG würde die Gymnasiallandschaft in SW insgesamt verbessern, da eine Schule mehr Angebote unter einem Dach anböte. Die Frage nach den Verlusten für die Gymnasiallandschaft wird nicht gestellt.
Wie kommt es nun, dass der Schulentwicklungsplan so viele Schwächen aufweist? Eine Betrachtung des Forschungsinstituts, das den Plan erstellt hat, bringt unserer Meinung nach Hinweise. Der Plan hat seine Stärken in der kleinräumigen Bevölkerungsprojektion für Teilgebiete von Schweinfurt. Dies ist auch ein Tätigkeitsschwerpunkt des beauftragten Instituts „Modus Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung“ aus Bamberg. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte waren bisher Untersuchungen von Freiwilligenmanagement, Ermittlung des Betreuungsbedarfs für Kleinkinder, Altenhilfeplanungen, Qualitative Bedarfsermittlung für eine Kindertagesbetreuung, Sozialraumanalysen und die Erarbeitung seniorenpolitischer Gesamtkonzepte.
Eine komplette Schulentwicklungsplanung wurde zuvor von diesem Institut - laut der Auflistung bisher durchgeführter Projekte auf der Unternehmenshomepage - bisher noch nicht erstellt. Der in der Stadtratssitzung vom 28. Juli 2016 als Referenz genannte Schulentwicklungsplan für die Stadt Coburg umfasst ebenfalls nur eine kleinräumige Bevölkerungsprojektion. Jegliche andere Teilbereiche einer Schulentwicklungsplanung fehlen hier. Ursprünglich sollten nämlich nur die Auswirkungen der Konversion auf Schweinfurt untersucht werden: Eine klassische kleinräumige Bevölkerungsprojektion. Die Untersuchung der Grundschulen und Mittelschulen ergab sich dann als Konsequenz. Die Erstellung eines kompletten Schulentwicklungsplans war zunächst so nicht geplant. Dies bestätigte der Institutsleiter Herr Edmund Görtler in einem Telefonat am 11. Juli 2016.

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