Armut. Krankheit. Stigma – Fotoausstellung der DAHW im Rathaus Würzburg


Zwei Hände blättern in einer Zeitung - eine Banalität und doch berührt dieses Motiv: Beide Hände sind von Lepra gezeichnet. Ihr Besitzer lebt seit Jahren als Dauerpatient in einem Krankenhaus. Früher war er ein anerkannter Gewerkschaftssekretär. Die Krankheit hat sein Leben verändert. In seiner Heimat findet er, obwohl geheilt, keine Bleibe mehr. So ist er seither für die Herausgabe der Schlüssel im Krankenhaus verantwortlich. Fotografien wie diese von Bernd Hartung erzählen von den Menschen, ihren Geschichten aber auch der Arbeit der DAHW, der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe e.V.. „Wir könnten Ihnen viele Zahlen nennen, wie viele Menschen die DAHW auf der ganzen Welt betreut, in wie vielen Krisengebieten wir vor Ort sind, aber wir möchten Ihnen die Menschen in ihrer Ganzheit und in ihrer Würde und damit auch unsere Arbeit mit diesen Fotografien näher bringen“, erklärte Gudrun Freifrau von Wiedersperg, die Präsidentin der DAHW, bei der Ausstellungseröffnung im Rathaus der Stadt Würzburg. Im Foyer vor dem Ratssaal sind noch bis einschließlich 29. Juli Bilder zu sehen, die vier Fotografen in den Ländern der Armut gemacht haben.

Rolf Bauerdick, Enric Boixadós, Fabian Fiechter und Bernd Hartung haben mit diesen Bildern reelle Impressionen aus den Projektländern der DAHW mitgebracht. Die Bilder zeigen ungeschönt die Lebenswirklichkeiten der Menschen vor Ort – und doch sind es schöne Bilder. Denn jeder Fotograf hat eine „hohe Sensibilität und fachliche Kompetenz bewiesen“, so von Wiedersperg. So sehen wir Menschen, die an Lepra oder Tuberkulose leiden und litten, in all ihrer Würde. Stigmatisiert und verstümmelt - doch in ihrer Ganzheit würdevoll. Oberbürgermeister Christian Schuchardt sagte bei der Ausstellungseröffnung im Rathaus: „Es ist wichtig, die Arbeit der DAHW zu den Menschen zu bringen und sie im öffentlichen Raum zu zeigen. Genauso wie es wichtig ist, in Ländern wie beispielsweise Indien die üblichen Pfade zu verlassen und sehenden Auges alle Lebenswirklichkeiten zu erfassen. Solche Bilder, wie die hier gezeigten, vergisst man nicht.“

Die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe wurde 1957 als Deutsches Aussätzigen-Hilfswerk in Würzburg gegründet, zur Ausstellungseröffnung kam Irene Kober, das letzte noch lebende Gründungsmitglied. Bis heute hat die DAHW in Würzburg ihren Sitz. Was als Unterstützungsverein für eine Station in Äthiopien begann, hat sich zum größten europäischen Lepra-Hilfswerk und zur wichtigsten deutschen Hilfsorganisation auf dem Gebiet der Tuberkulosebekämpfung entwickelt. Aktuell werden von Würzburg aus 200 Projekte in rund 20 Ländern koordiniert. In den vergangenen knapp 60 Jahren haben mehr als 2 Millionen Lepra- und 4 Millionen TB-Kranke durch das DAHW medizinische und soziale Hilfe erhalten. Lepra ist zwar heilbar, doch viele geheilte Patienten bleiben behindert. Jedes Jahr erkranken 200.000 Menschen neu an Lepra. 2012 gab es weltweit 8,6 Millionen Neuinfektionen und 1,3 Millionen Todesfälle an Tuberkulose, einer Erkrankung, die heute sowohl vermeidbar als auch heilbar ist.

Die Fotoausstellung der DAHW „Armut. Krankheit. Stigma“ ist noch bis 29. Juli im Oberen Foyer des Würzburger Rathauses zu sehen zu den Öffnungszeiten Mo-Do 8-18 Uhr und Fr 8-14 Uhr.


Die Fotografen
Rolf Bauerdick: Text- und Bildreportagen erschienen u.a. in Stern, Brigitte, Spiegel, GEO und wurden vielfach preisgekrönt, u.a. mit dem Natali-Award für Menschenrechtsjournalismus der EU. Über ein Dutzend Reisen führten ihn für die DAHW mehrfach nach Brasilien, Indien, Nepal, Pakistan, Paraguay, Senegal, Tansania und Uganda. Bauerdick schreibt auch, sein viel beachteter Debütroman „Wie die Madonna auf den Mond kam“ (2009) wurde 2012 mit dem Europäischen Buchpreis ausgezeichnet.

Enric Boixadós: Das Genre des gebürtigen Spaniers aus Barcelona ist die Reise- und Reportagefotografie. Er lebte mehrere Jahre in Südostasien und Westafrika. Er arbeitet für Nicht-Regierungsorganisationen und Nachrichtenagenturen, Magazine, Zeitungen und online-Publikationen. Beim Entstehen seiner Bilder legt er Wert auf die persönliche Begegnung, das Gespräch und das Erkennen von Stimmungen.

Bernd Hartung realisiert weltweit im Auftrag namhafter Magazine und Hilfsorganisationen Reportagen zu politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Themen sowie zur Entwicklungspolitik. In seinen Arbeiten steht der Mensch und seine Umwelt im Vordergrund. Seit 2013 ist er Lehrbeauftragter für Dokumentarische Fotografie an der Bauhaus Universität in Weimar.

Fabian Fiechter begann während seines Studiums seine zwei Berufe miteinander zu verbinden, den Intensivpflegefachmann und den Fotografen. So widmete er sich verstärkt Gesundheitsthemen und sozialen Aspekten in seiner Fotografie. Aktuell studiert er an der Danish School of Media and Journalism, wofür die Fotografien über die Situation der von Lepra betroffenen Menschen entstanden ist.



BU: v.l. bei der Ausstellungseröffnung Fotograf Bernd Hartung, Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Lore Kober, DAHW Präsidentin Gudrun Freifrau von Wiedersperg, Mohammad Arif Hemat (von der Partnerorganisation der DAHW in Afghanistan), Fotograf Enric Boixadós, Jawad Ahmadi (Afghanistan). Foto: Penning-Lother

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