Landkreis Schweinfurt: Zahlreiche Kanäle in der Großgemeinde Schonungen marode


Umfassendes Investitionsprogramm für die nächsten Jahre
Kläranlage Marktsteinach geht dieses Jahre außer Betrieb – Radweg zum Jahreswechsel wieder komplett geöffnet

Ein gewaltiges Infrastrukturprojekt hält die Rathausverwaltung in Schonungen in Atem: Seit Mitte der Neunziger Jahre beschäftigte sich die Gemeinde intensiv mit den Abwasserkanälen und den bestehenden Einrichtungen wie Klärschlammbecken oder die Kläranlage in Marktsteinach. Die Kanal-TV-Befahrungen haben gezeigt, dass viele Kanäle abgewirtschaftet und kaputt sind. Vor allem die sich verändernden Regenereignisse sollten in hydraulischen Überrechnungen der Kanalnetze zeigen, ob die Dimensionierung der Kanäle noch ausreichend ist.
Der Bau der Verbindungsleitung nach Marktsteinach ist ein Baustein des Kanalprojekts 2015, das aufgrund der europäischen Wasserrahmenrichtlinie notwendig geworden ist: Die in die Jahre gekommene Kläranlage in Marktsteinach erfüllt die erhöhten Auflagen an die Wasseraufbereitung sowie Natur- und Umweltschutz nicht mehr. Die Anlage muss außer Betrieb genommen und die Entwässerung Richtung Schweinfurt vorgenommen werden. Ein Wirtschaftlichkeitsgutachten wurde vor Jahren als Entscheidungsgrundlage für den Gemeinderat erarbeitet, um den Anschluss an Schweinfurt mit allen „Pro“ und „Kontra“ zu beschließen und voranzutreiben. Durch die Entwässerung nach Schweinfurt könnten durch die größere Einheit Synergien geschaffen und langfristig eine günstigere Bewirtschaftung erzielt werden.

Radweg bis Ende des Jahres wieder freigegeben

Im Mai diesen Jahres fiel der Startschuss für die erste Baumaßnahme: Die Kanalverbindungsleitung wird vom Schonunger Hegholz bis zur Kläranlage Marktsteinach komplett neu errichtet. Kostenpunkt etwa 1,5 Mio. Euro. Der Radweg soll dabei möglichst geschont werden. „Dass uns dies weitestgehend gelungen ist, liegt vor allem an der Unterstützung der Anlieger!“, zeigt sich Bürgermeister Stefan Rottmann dankbar. Die Baumaßnahme soll so transparent wie möglich verlaufen: Die Gemeinde lud die Anlieger deshalb zu einer Streckenbegehung ein, außerdem fanden regelmäßige Berichterstattungen im Gemeindeblatt und Anliegerversammlungen statt, um über den geplanten Ablauf der Baustelle zu berichten. Privatgrundstücke werden teilweise als Baustelleneinrichtungsflächen, als Baustraßen oder für die Leitungsverlegung benötigt.
In einer der letzten öffentlichen Sitzungen informierte sich der Gemeinderat über den aktuellen Stand der Baumaßnahme. Hans-Ulrich Hoßfeld vom gleichnamigen Ingenieurbüro erläuterte die Knackpunkte des Projekts und informierte allgemein über den Zustand der Kanalisation in der Gemeinde. „Sie haben wahnsinnig viele Baustellen, weil das Kanalsystem in die Jahre gekommen ist!“, erinnert Hoßfeld an die Auswertungen der KanalTV-Befahrungen. Gemeinsam mit dem gemeindlichen Bauingenieur Frank Fronzek und dem Planer Hans-Ulrich Hoßfeld machte sich Bürgermeister Stefan Rottmann vor wenigen Tagen vor Ort selbst wieder ein Bild von den zügig laufenden Bauarbeiten der Trasse Richtung Marktsteinach. Die Maßnahme läuft voll im Plan. Mit einer Fertigstellung inklusive Wiederherstellung des Radwegs ist bis Ende des Jahres fest zu rechnen, heißt es von der Bauleitung. Ab Mitte September beginnt schließlich einer der anspruchsvollsten Teilabschnitte der Kanaltrasse: Direkt an der Betzenmühle wird unter dem Flüsschen Steinach und der Staatsstraße durch den Fels gebohrt. In mehreren Bereichen muss die Kanalleitung durch das Erdreich und Fels getrieben werden, um von Marktsteinach bis Schonungen ein natürliches Gefälle zu erzeugen und damit laufende Pumpkosten zu vermeiden, so Bürgermeister Stefan Rottmann. Die beengten Verhältnisse im Steinachtal zwischen Bachbett und Böschungskante stellen die Ingenieure vor großen Herausforderungen. Außerdem müssten die Natur- und Artenschutzbelange eingehalten werden. Wie es aus dem Rathaus heißt wurde neben einer Baugrunduntersuchung auch eine Kampfmitteluntersuchung angeordnet, da mit Hinterlassenschaften aus den Weltkriegen zu rechnen war. Die Baumaßnahme besteht aus fünf Hauptblöcken mit vier komplexen Bohrarbeiten unter Straußen- und Bachniveau. Da immer an verschiedenen Streckenabschnitten gearbeitet wird, kann der Radweg aktuell nur eingeschränkt genutzt werden: Eine Ausweichroute verläuft über dem Waldweg am Hegholz oberhalb des Radwegs. Zwischenzeitlich abgeschlossen ist die Neuausrichtung der Kanalsituation im Bereich Hegholz/Kreuzung Hofheimer Straße im Zuge der Altlastsanierung, wie Rottmann berichtet. Ab Ende September wird der Radwegbereich zwischen Betzenmühle und Kleingärten in Schonungen wieder für die Öffentlichkeit begehbar sein, dann wandert die Baustelle allerdings weiter zwischen Kläranlage und Betzenmühle ins Steinachtal: Hier wird es voraussichtlich keine Ausweichmöglichkeiten für Radfahrer und Fußgänger bis zum Ende der Baustelle geben.

Kanalherstellungsbeiträge werden erhoben

Insgesamt rechnen Bürgermeister, Verwaltung und Gemeinderat mit einer Investitionssumme von mindestens etwa 10 Millionen Euro für die Instandsetzung der Ortsnetze und den weiteren Kanalbau von Marktsteinach nach Löffelsterz, sowie Marktsteinach nach Waldsachsen. Hinzukommen entsprechend dimensionierte Rückhaltebecken um die Wasserhaltung aufgrund der unvorhersehbaren Starkregenfällen in den Griff zu bekommen. Bei der Entwässerungseinrichtung handele es sich um eine kostendeckende Einrichtung: Kredite werden als rentierliche Schulden bezeichnet, da sie sich langfristig über Gebühren und Beiträge finanzieren soll.
Die Entwässerung ist für die Bevölkerung zur Selbstverständlichkeit geworden: Trotzdem sind die Kanäle aus den 60er Jahren vielerorts abgewirtschaftet und marode, es besteht dringender Handlungsbedarf, appelliert Bürgermeister Stefan Rottmann. Um die Gebühren möglichst stabil zu halten und um zusätzliche Kredite sowie Zinszahlungen zu vermeiden, sollen die Maßnahmen weitestgehend über Ergänzungsbeiträge finanziert werden. Aber auch die Möglichkeit der Gebührenfinanzierung solle im Gemeinderat nochmals betrachtet und abgewogen werden. Wie in der Vergangenheit immer wieder angekündigt müssen sich Bürgerinnen und Bürger aller 13 Ortsteile nach jetzigem Kenntnisstand auf Beitragszahlungen einstellen. Die Gemeinde wird als eine Einrichtungseinheit betrachtet um nach dem Solidarprinzip Investitionen auf alle Schultern zu verteilen. Wie Bürgermeister Stefan Rottmann mitteilt, werden die Verbindungsleitungen und die dazugehörigen Regenrückhaltebecken in vollem Umfang beitragsfähig sein: Etwa 5 Mio. Euro könnten hierfür eingehoben werden. Der Kommunale Prüfungsverband ist mit der Bewertung der beitragsfähigen Bestandteile, der Beitragskalkulation und der Erarbeitung der Satzung für die Ergänzungsbeiträge betraut und auch die Gemeindeverwaltung hat bereits Vorarbeiten geleistet. Das Planungsbüro Hoßfeld & Fischer ermittelt aktuell belastbare Zahlen für die Einhebung von Beiträgen. Erst in einigen Monaten können aufgrund des Satzungsentwurfs und der abgeschlossenen Kosten- und Grundlagenermittlung erste Modellrechnungen angestellt werden: Bis dahin bittet Bürgermeister Stefan Rottmann von Anfragen bezüglich der Beitragshöhe im Rathaus Abstand zu nehmen.










Das Foto zeigt bei der letzten Baustellenbegehung von links: Andre Bock (Glöckle), Hans-Ulrich Hoßfeld (Hoßfeld & Fischer), Wolfgang Full (Glöckle), sowie Bügermeister Stefan Rottmann und Bauingenieur Frank Fronzek (Gemeinde Schonungen).


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