Mitten unter uns. Landjuden in Unterfranken vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert


Mitten unter uns. Landjuden in Unterfranken vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert

Wanderausstellung setzt ein Denkmal

Im Jahr 1900 verzeichnete Unterfranken mit 13.611 jüdischen Einwohnern den höchsten jüdischen Bevölkerungsanteil unter den bayerischen Regierungsbezirken. 1932 gab es hier noch 108 Orte mit jüdischen Gemeinden. Damit war Unterfranken nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland der Regierungsbezirk mit der größten Dichte jüdischer Gemeinden. Sowohl auf dem Land, als auch in der Stadt Würzburg. Bei der Ausstellungseröffnung „Mitten unter uns. Landjuden in Unterfranken vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert“ im Rathaus würdigte Bürgermeister Dr. Adolf Bauer das reiche jüdische Leben auf dem Land und in der Stadt. „Die auf dem Land lebenden Juden prägten unsere Region jahrhundertelang und sie erfüllten mit ihren spezifischen Berufen eine wichtige Funktion im Wirtschaftsleben. Die Stadt Würzburg war im 13. Jahrhundert eines der großen Siedlungszentren der Juden in Europa, eine zweite Blüte erlebte das Würzburger Judentum im 19. Jahrhundert“, so Dr. Adolf Bauer. Heute sei das jüdische Leben, „und darüber sind wir sehr froh, wieder ein selbstverständlicher Bestandteil des Lebens in unserer Stadt.“



„Mitten unter uns“

Einen Beitrag dazu, das jüdisch-kulturelle Erbe im Regierungsbezirk Unterfranken zu bewahren, leistet die Ausstellung „Mitten unter uns. Landjudentum in Unterfranken vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert“. Sie entstand innerhalb des Kooperationsprojekts „Landjudentum in Unterfranken“ in Zusammenarbeit mit dem Johanna-Stahl-Zentrum und wurde für den gesamten Raum Unterfranken entwickelt. Projektträger ist der Landkreis Würzburg, Projektförderer die Stadt Würzburg, die Stadt Schweinfurt, der Bezirk Unterfranken und die verschiedenen LAGs (mehr Infos auf www.landjudentum-unterfranken.de). Gefördert wird das Projekt „Landjudentum in Unterfranken“ durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums. Dr. Rotraud Ries vom Johanna-Stahl-Zentrum betonte in der Einführung zur Ausstellung die enge Kooperation aller Beteiligten. Die Wanderausstellung „Mitten unter uns.“ soll in allen Landkreisen und den kreisfreien Städten Unterfrankens gezeigt werden und sie wird für jeden Ausstellungsort angepasst, auf zwei Tafeln sind im Rathaus Würzburg Beispiele jüdischen Lebens herausgegriffen.

Die Ausstellung besteht aus einem Überblicksteil, vier chronologischen und neun Tafeln für die Landkreise und kreisfreien Städte. Neun wichtige Themen der jüdischen Geschichte in Unterfranken werden am Beispiel dieser Landkreise vorgestellt. Dazu gehören nicht nur die politischen Rahmenbedingungen oder die Wirtschaftsgeschichte, sondern auch das Thema Mobilität, Geschlechterrollen und die jüdischen Sprachen. Auf einer Audiostation kann man ein hebräisches Gebet, einen jiddischen Liedtext und eine Zeitzeugenaussage im Originalton hören. Vier Figuren in Menschengröße, eine Frau, ein Mann, ein Junge und ein Mädchen, stehen mit ihrer Biographie für die große Zahl jüdischer Bürger, die Unterfranken einmal hatte.

Es ist ein erfrischender Blick in moderner Optik, der viel mehr als das Thema Holocaust anschneidet und die gesamten 900 Jahre jüdischer Geschichte in der Region in den Blick nimmt. Gut verständliche Texte und ansprechende Illustrationen machen den Reiz dieser Schau aus und erlauben trotz der Kürze interessante Einblicke in das jüdische Leben der vergangenen Jahrhunderte. Ein kostenloses Begleitheft erlaubt auch die nachträgliche Lektüre. Die Ausstellung ist im Rathaus Würzburg im Foyer des Ratssaales, 1. Stock, zu sehen bis 6. Februar jeweils Montag bis Donnerstag 8 bis 18 Uhr und Freitag 8 bis 14 Uhr.









BU: Die Wanderausstellung „Mitten unter uns“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Johanna-Stahl-Zentrum für den gesamten Raum Unterfranken entwickelt. Zur Eröffnung im Würzburger Rathaus waren gut 100 Besucher gekommen, darunter Mitglieder der jüdischen Gemeinde, des Stadtrates, des Bezirks und des Landkreises. An der Audiostation v.l. Bürgermeister Dr. Bauer, Dr. Rotraud Ries (Johanna-Stahl-Zentrum), Marat Gerchikov (2. Vorsitzender der jüdischen Gemeinde), Präsident des Bezirkstags Unterfranken Erwin Dotzel. Foto: Penning-Lother

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