Schulen im Dauer-Notbetrieb – und alle haben’s schon tausendmal gehört

 

Bild von Sabrina Neckov
Einladung zum Bildungstalk der Schweinfurter Schulleitungen der Grund- und Mittelschulen in der Kerschensteiner Schule.
Sandra Grätsch, Oberbürgermeister-Kandidatin für Schweinfurt, fasst ihre Gedanken zu der Diskussion zusammen.

Es war eigentlich kein offizielles Podium, kein Moderator, keine vorbereiteten Statements. Eher ein lockerer Austausch unter Menschen, die täglich erleben, wie Schule in Schweinfurt tatsächlich funktioniert – oder eben nicht funktioniert. Und trotzdem glühten die Themen, als hätte jemand den Heizstrahler auf Maximum gedreht.

Denn eines wurde schon nach wenigen Minuten klar: Die Missstände an den Schweinfurter Schulen sind nicht neu – sie sind fossil. Eingebrannt. Jahrzehntealt. Und sie werden nicht besser.

Ich, Sandra Grätsch, saß da und dachte: Hatten wir das nicht schon vor fünf Jahren? Vor zehn? Vor fünfzehn?
Die Antworten der Stadt wiederholen sich wie ein kaputtes Tonband.


Schulgebäude: Der Verfall bekommt längst Stammplatzstatus

Während die Schulen im Landkreis wenigstens so tun, als würden sie gepflegt, wirken manche Schweinfurter Schulgebäude wie Kulissen aus einem Lost-Places-Fotobuch.
Schultoiletten? Ein Dauerbrenner.
Lehrer-Toiletten? Ein Fall für die Arbeitspsychologie.
Notausgänge? An manchen Schulen gibt es schlicht keinen zweiten Notausgang – und wo einer existiert, kommt man im Zweifel erst nach einer kleinen Expedition hin.
Wände? Die letzte Farbschicht hat vermutlich schon Wahlkämpfe überlebt, die niemand mehr erinnert.
Digitale Ausstattung? Ein Trauerspiel mit drehendem Ladeball.

Und wenn Schulen bei der Stadt nachfragen, passiert oft: nichts. Stille. Funkloch. Verwaltungs-Vakuum.


Ganztag und Hilfskräfte – ein Konzept ohne Räume

Neue Anforderungen, aber keine neuen Klassenzimmer. Ganztagsbetreuung? Gerne! Nur: wo?
Und als wäre das nicht genug, droht nun auch den pädagogischen Hilfskräften das Aus – weil das Budget wackelt.

Dabei sind gerade sie es, die im Alltag die Lücken füllen, in denen das System seit Jahren auseinanderfällt: Sozialarbeit, Konfliktlösung, Sprachvermittlung.
In manchen Schulen mit bis zu 95 % Migrationsanteil halten sie den Betrieb überhaupt erst am Laufen.


Integration ohne Ausstattung: Ein schlechter Witz

Alle reden von Integration. Alle fordern sie.
Nur ausstatten möchte sie keiner.

Stattdessen wird fröhlich Ping-Pong gespielt zwischen Bund, Freistaat und Kommune:
„Der muss zahlen!“ – „Nein, der!“ – „Doch der!“

Die Kinder? Die stehen daneben und warten. Seit Jahren.


Finanzen: Wenn Sparpolitik auf Zukunft trifft

Ja, Schweinfurt hat finanzielle Probleme. Aber wer glaubt, man könne dieses Land in eine gute Zukunft sparen, der hat den Sinn von Bildung nie verstanden.
Schulen sind keine Kostenstelle, sie sind die Voraussetzung dafür, dass Bayern und Deutschland überhaupt eine Zukunft haben.


„Bildungsregion“ – das Etikett klebt, der Inhalt fehlt

Schweinfurt trägt stolz den Titel „Bildungsregion“.
Schön.
Aber ein Titel ersetzt keine Investitionen – und kein funktionierendes Schulklo.


Politik: Die immer gleichen Parteien – das immer gleiche Ergebnis

Zwei Stadträte wollen Oberbürgermeister werden. Beide aus Parteien, die Schweinfurt, Bayern und Deutschland seit Jahrzehnten regieren. Und ausgerechnet diese Parteien zeigen sich nun überrascht über die ruinösen Zustände in den Kommunen?

Natürlich wäre es nicht fair, die vier  OB-Kandidaten – darunter auch zwei Vertreter von kleineren Parteien, die ich zuvor vergessen habe – persönlich für das verantwortlich zu machen, was ihre Parteien in Landes- und Bundesregierungen an Fehlentscheidungen und Missständen angerichtet haben.
Aber: Der Druck von unten, aus der eigenen Basis, also von denen, die die Probleme täglich hautnah erleben – in Schulen, Kitas, Vereinen –,
dieser Druck nach oben fehlt schlicht.

Man hört zu wenig Widerspruch, zu wenig Aufbegehren, zu wenig klare Ansage derjenigen, die die Realität vor Ort am besten kennen.
Und wenn die Basis nicht drückt, ändert sich in den Spitzen auch nichts.

Wer heute Erneuerung verspricht, sollte erklären, warum dieser Druck bislang ausgeblieben ist – und warum ausgerechnet jetzt neuer Schwung entstehen soll.

Und trotz allem:
Die AfD ist keine Lösung.
Sie liefert keine Antworten, nur Wut und Schlagworte.

Zum Glück gibt es freie, unabhängige Kandidatinnen und Kandidaten, die jenseits der festgefahrenen Parteiapparate bereit sind, echte Verantwortung zu übernehmen.
Schweinfurt hätte es verdient.

Sandra Bernadett Grätsch

Kommentare