Schweinfurt-Würzburg: Sechs FHWS-Deutschlandstipendiaten begrüßen, dass neben Noten vor allem soziales Engagement zählt
Studium und eröffnet Kontakte in die regionale Wirtschaft
Deutschlandstipendiaten mit ihren Förderern an der FHWS.
Das Studium stellt Studierende heutzutage vor neue Aufgaben -
Studiengänge und Hochschulabschlüsse wurden im Zuge des
Bologna-Prozesses internationalen Standards angepasst, die
Gymnasialzeit um ein Jahr verkürzt. Der optimale Studierende soll
heutzutage im Rahmen seiner strukturierten, oft dreißig bis vierzig
Stunden umfassenden wöchentlichen Studienzeit zielstrebig sein,
sich in der Freizeit sozial und ehrenamtlich engagieren, über Soft
Skills und interkulturelle Kommunikation verfügen, Praktika
absolvieren, sich im Ausland schon ein wenig auskennen,
interdisziplinär an Herausforderungen herangehen, darüber
hinaus berufliche Erfahrungen sammeln und Geld verdienen bei
Ferienjobs im Supermarkt oder in der Gastro. Damit diese
vielfältigen Herausforderungen jungen Menschen gelingen
können, haben sie die Möglichkeit, sich für Stipendien wie z.B. das
Deutschland-Stipendium zu bewerben, bei dem sie monatlich mit
300 Euro ein Jahr lang finanziell wie oft auch fachlich gefördert
werden.
An der Hochschule Würzburg-Schweinfurt (FHWS) geben sechs
Stipendiaten einen kleinen Einblick, warum sie sich für das
Deutschland-Stipendium beworben haben, wie es ihnen während
ihres Studiums hilft und sie fördert.
Martin Stollberger (Foto FHWS / Stollberger)
Martin Stollberger erfuhr von dem Stipendium durch ein
Anschreiben der FHWS und bewarb sich umgehend, da er die
„Hürden“ als sehr niedrig empfand: Die finanzielle Förderung ist
leistungsabhängig und unabhängig vom BaföG
(Bundesausbildungsförderungsgesetz); besonders berücksichtigt
werden individuelle soziale Umstände und / oder ein
gesellschaftliches, ehrenamtliches Engagement. Stollberger: „Ich
bin der Meinung, im Leben braucht man immer wieder neue
Herausforderungen, der Verstand muss entsprechend gefordert
und geschult werden, und das wichtigste ist, ein Ziel vor Augen zu
haben, um es zu verfolgen.“
Der junge Mann holte nach seiner Ausbildung zum Elektriker die
Fachhochschulreife nach und schrieb sich ein an der FHWS für
den Studiengang Elektrotechnik. Als zusätzliche Herausforderung
wurde er für ein Jahr Technischer Leiter des Mainfranken Racing
Teams, um „Studenten aus verschiedenen Fachrichtungen
miteinander zu koordinieren, die innerhalb eines Jahres einen
kompletten Rennwagen konstruieren und sich anschließend auch
mit einer internationalen Konkurrenz messen“. Er schätzt es,
durch den gegenseitigen Austausch im Team enorm gefördert zu
werden, da er sich mit verschiedenen Fachbereichen
auseinandersetzen könne, die nicht im Studium enthalten seien.
Stollberger erhält mit der einjährigen finanziellen Unterstützung
die Möglichkeit, sich Freiräume im Studium zu verschaffen,
Kontakte gerade auch in die regionale Wirtschaft herzustellen und
an Mitarbeiterschulungen teilnehmen zu können.
Johanna Berninger (Foto FHWS / Johanna Berninger)
Auch Johanna Berninger hat sich erfolgreich um ein DeutschlandStipendium
beworben: Sie hat ebenfalls vor dem Studium eine
Ausbildung absolviert. Als Industriekauffrau begeistert für
Betriebswirtschaft, holte sie das Fachabitur in der
Ausbildungsrichtung Wirtschaft nach und schrieb sich
anschließend ein im Studiengang Betriebswirtschaft. Berninger:
„Das Interesse an Betriebswirtschaft hat sich während meines
Studiums noch verstärkt. Ich bin eifrig, ehrgeizig und zielstrebig
und kann meine bisherigen erworbenen Kenntnisse sehr gut in
das Studium mit einbringen.“
Die angehende Betriebswirtschafterin freut sich über das
Stipendium, das es ihr u.a. ermöglicht, Bücher und Materialien für
das Studium zu kaufen sowie Autoreparaturen zu zahlen, da sie
Pendlerin ist und rund neunzig Kilometer entfernt von ihrem
Studienort Würzburg wohnt. Das Stipendium motiviere sie, ihre
Leistungen beizubehalten, es belohne und unterstütze aus ihrer
Sicht engagierte, gute Studierende.
Marco Kiesel (Fotos FHWS / Marco Kiesel)
Marco Kiesel hatte eine Ausbildung zum Elektroniker für
Automatisierungstechnik erfolgreich absolviert und sechs Jahre
gearbeitet, ehe er sich entschied, ein Studium der Elektrotechnik
an der FHWS aufzunehmen. Das Bewerbungsverfahren für das
Deutschland-Stipendium empfand er als sehr studentenfreundlich.
Da sich der Elektrotechniker neben dem
anspruchsvollen und zeitintensiven Bachelorstudium
ehrenamtlich engagiert in der Jugendarbeit der Feuerwehr, gern
Rennrad fährt, Fußball spielt und joggt, als 26-Jähriger kein BaföG
erhält und sein monatliches Einkommen eigenständig finanziert,
kommt ihm die finanzielle Förderung sehr entgegen.
Lukas Zimmermann (Foto FHWS / Lukas Zimmermann)
Lukas Zimmermann wurde ebenfalls durch ein Anschreiben der
FHWS auf das Stipendium aufmerksam und bewarb sich
erfolgreich. Er begrüßt es, dass nicht nur die Noten zählen,
sondern vor allem der Aspekt „Was machst Du nebenher?“
berücksichtigt wird. „Noten“, so Zimmermann „beschreiben
Personen nur in einem Teilbereich“. Nach dem Abitur und
Zivildienst ging er zu eine Volunteer- und Travelreise nach
Neuseeland, ehe er sich anschließend im
Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkten
Maschinenbau und International Business immatrikulierte. Wichtig
sei es ihm, parallel zum Studium Soft Skills zu entwickeln.
Das Deutschland-Stipendium erlaube ihm, statt Geld verdienen zu
müssen, Zeit für sein Ehrenamt im sozialen Bereich zur Verfügung
zu haben. Nachdem er 2012 als ehrenamtlicher Mitarbeiter beim
Roten Kreuz begonnen hatte, ließ er sich 2013 erfolgreich zum
Rettungssanitäter weiterbilden und steht nun an vielen
Wochenenden in 12-Stunden-Schichten im Einsatz bzw. in
Rufbereitschaft. Sein Stipendiengeber lade die Stipendiaten
regelmäßig zu Seminaren ein, stelle u.a. das Unternehmen vor,
biete Kurse und Besichtigungen an und sei sehr interessiert an
persönlichen Gesprächen. Außerdem zeige er sich offen für Lob
und Kritik.
Jochen Weisenseel (Foto / Igor Schifris)
Auch Jochen Weisenseel lobt seine Förderer ausdrücklich: Es
werden u.a. Treffen angeboten im Unternehmen zusammen mit
Stipendiaten auch zu höheren Semestern der FHWS sowie der
Uni, man könne an einem vierwöchigen Kompakt-Praktikum
teilnehmen und erhalte individuelle Beratungen durch Coaches,
zudem gäbe es vom Förderer ein interessantes Pre-MasterProgramm.
Weisenseel: „Die Wahl des Studiums zur `BWL` würde
ich jederzeit wieder treffen. Mit viel Freude erlebe ich, in meinem
Studium vertiefende Einblicke in die Wirtschaftsabläufe zu
erhalten. Der Praxisbezug der Lehrkräfte an der FHWS ist
erfrischend und hebt sich gegenüber dem rein theoretisch
geprägten Studium ab.“
Weisenseel studiert nicht nur Wirtschaftswissenschaften, er ist
darüber hinaus Mountainbike-Profi, fährt viele Rennen im In- und
Ausland bei Welt- und Europameisterschaften und hat etliche
bayerische Meisterschaften für sich entscheiden können. Parallel
hat der Stipendiat daher keine Möglichkeit, neben dem Studium
zu arbeiten. Ehrenamtlich engagiert er sich als Pressewart beim
ESV 1927 Regensburg. Bei einem Radrennen in Lesotho,
Südafrika hat er die Kinderhilfsprojekte Harambee unterstützt.
Soweit es seine Zeit erlaubt, spielt er Klarinette und erhielt den 1.
Preis mit Weiterleitung bei „Jugend Musiziert“.
(Foto FHWS / Jonas Hamberger)
Der Architekturstudent Jonas Hamberger war sofort motiviert,
seine Unterlagen für das Deutschlandstipendium einzureichen –
ihn überzeugte vor allem die Art der Bewerbung: Man müsse
einerseits gute Leistungen im Studium erbringen, sich aber auch
im Auswahlgespräch beweisen. Später könne man das
Stipendium im Lebenslauf aufführen.
Die finanzielle Unterstützung habe ihn von seinen Eltern und vom
Arbeiten während des Studiums unabhängiger gemacht:
„Dadurch, dass ich kein Bafög bekomme und das
Architekturstudium wegen der ganzen Modelle und der Plotkosten
sehr teuer ist, musste ich mit sehr wenig Geld im Monat
auskommen. Außerdem findet man meiner Meinung nach kaum
Zeit, während eines Vollzeitstudiums zu arbeiten.“
Hamberger bedauert bei aller Freude über die finanzielle
Unterstützung einen Aspekt des Deutschlandstipendiums: „Hier“,
so Hamberger, „sehe ich das Problem des
Deutschlandstipendiums: Die fachgebundenen Stipendien sind
meistens nur für einige wenige Studiengänge vorhanden, wobei in
Bereichen wie der Architektur, Soziale Arbeit, Kunst, etc.
eigentlich keine fachgebundenen Stipendien vorhanden sind.
Demnach werden diese Studiengänge kaum durch ein staatliches
Stipendium gefördert, was ich sehr schade finde, da das
Deutschlandstipendium ja versucht, auf breiter Ebene zu fördern.“
Mit Beginn des Sommersemesters 2015 startet im März die neue
Förderrunde für das Deutschlandstipendium. Die Stipendien
werden jeweils hälftig finanziert durch den Bund und private
Förderer. Die Stipendiaten erhalten ein Jahr lang ein Stipendium
in Höhe von monatlich 300 Euro. Das Stipendium ist
leistungsabhängig und wird unabhängig vom Bezug des BaföG gewährt.
Neben Leistungskriterien werden besondere soziale
Umstände und / oder besonderes gesellschaftliches Engagement
in Form eines Bonus berücksichtigt. Die Stipendien setzen sich
zusammen aus zwei Dritteln Stipendien mit Fachbindung und
einem Drittel ohne Fachbindung.
In Deutschland werden etwa zwei Prozent der Studierenden auf
Basis von verschiedenen Stipendien gefördert. Über die
finanzielle Unterstützung der Studierenden hinaus bietet das
Deutschlandstipendium allen einen Gewinn: Junge Menschen mit
fachlicher, wissenschaftlicher sowie gleichermaßen emotionaler
Intelligenz können als Fachkräfte-Nachwuchs in regionalen
Unternehmen gewonnen werden und sorgen zwischen der
Wissenschaft und der Wirtschaft für einen optimalen
Brückenschlag. Darüber hinaus profitiert auch die Gesellschaft
von den Stipendiaten, da sich diese ehrenamtlich in
verschiedenen Projekten und Organisationen engagieren.
Weitere Informationen unter
http://www.fhws.de/studium/deutschlandstipendium_fuer_unterne
hmen.html.
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